Vom grünen Norden über den mittleren Atlas der Sonne entgegen

Als wir uns von Fès verabschieden, sind die Temperaturen leider noch einmal gesunken. Es wird Zeit, dass wir endlich in die Sonne kommen. Dazwischen liegt allerdings das bis knapp über 3500m hohe mittlere Atlasgebirge, welches wir über die gut ausgebaute PN 13 überqueren wollen. Der höchste Punkt des Passes liegt bei 2100m Höhe. Das ist trotz der unbeständigen Wetterlage angeblich gut machbar. Wir kaufen noch einmal ordentlich im Carrefour in Fès ein und fahren Richtung Ifrane Nationalpark über Ifrane bis in die Nähe von Azrou. Diese ca. auf 1500m gelegenen Orte sind im Winter bekannt für ihren Skitourismus, wobei Ifrane besonders noble Hotels und Unterkünfte zu bieten hat. Es ähnelt, wie schon im Reiseführer beschrieben, tatsächlich eher einem Schweizer Skiort als einem marokkanischen. Neben einer weiteren privaten Eliteuniversität gibt es auch Golfresorts und sonstige Aktivitäten, die hauptsächlich reiche Marokkaner und auch Europäer anlockt. Hinter Ifrane biegen wir auf eine Nebenstrecke ab, die durch den Nationalpark verläuft. Und tatsächlich hier sehen wir zwischen den Zederbäumen die ersten Berberaffen. Mit ihrem dicken Fell sind sie gut gegen die Kälte im Winter geschützt. Sie kommen natürlich nur bis zur Straße, da sie gelernt haben, dass sie dort Futter bekommen. Es gibt immer noch einige unbelehrbare Menschen, die diese streng geschützten Tiere mit allem möglichen füttern ohne Rücksicht darauf, dass die Tiere davon krank werden. Wir füttern natürlich nicht, sondern nutzen den Umstand sie aus dem Auto heraus zu fotografieren, was bei diesem useligen Wetter ganz praktisch ist.

Berberaffe im Ifrane Nationalpark

Wir treffen auf Reitergruppen, die mit edlen Pferden durch den Schneeregen reiten. Hier sind allerlei Aktivitäten möglich. Wir wären auch noch gerne durch die Zedernwälder gewandert, aber bei dem Wetter macht das leider keine Freude. Wir suchen einen netten kleinen Campingplatz kurz vor Azrou auf, der unser WoMo mit Strom versorgt. Wir schmeißen unsere Heizung an, da die Temperaturen in der Nacht bis unter Null Grad fallen sollen. Besser ist das.

Die Gegend rund um Ifrane und Azrou ist wunderschön grün und wird landwirtschaftlich genutzt. Wir stehen mit unserem Wagen mitten zwischen den Obstbäumen. Der Platz ist sehr einfach, aber hat alles was man benötigt. Ich freue mich auf eine Dusche. Tja, leider wird das warme Wasser nur mit Hilfe von Sonnenenergie aufgeheizt, die im Moment leider ein Totalausfall ist. Das Duscherlebnis ist sehr kurz und a..kalt. Egal, es ist eine Sache der inneren Einstellung. Außerdem weckt das die Lebensgeister.

Camping bei Azrou

Am Morgen spreche ich noch kurz mit einem Mitcamper, der gerade vom Süden kommt, um sicher zu sein, dass die Passage über den mittleren Atlas frei ist. Sicher ist sicher. Aber alles kein Problem. Auf dem Weg zur Passtraße sehen wir noch weitere Berberaffen. 50 % der Population lebt hier in den Bergen.

Um so höher wir kommen, um so weißer wird es. Die ersten Schneeräumfahrzeuge kommen uns entgegen, aber die Straßen sind frei.

Ok. Alles klar!

Sobald wir auf der Südseite des Gebirges sind, ändert sich das Wetter und die Sonne kommt endlich raus. Der Bewuchs wird immer karger. In Midelt halten wir noch einmal an einem Supermarkt an, um die letzten Vorräte aufzustocken, unser Ziel ist es schließlich 2 bis 3 Tage autark am Rande der Wüste zu verbringen. Auf dem Parkplatz ist eine Frau mit mehreren kleinen Kindern, die uns ansprechen, um uns um Geld zu bitten. Das kommt leider hier des öfteren vor. Wir ignorieren sie und gehen in den Markt. Der Securitymann vom Geschäft spricht uns daraufhin an. Als wir zurück sind, steht auf mal die Polizei vor der Tür. Der Wachmann hat Bescheid gegeben und es ist direkt ein Wagen zu unserer Sicherheit gekommen. Was die Frau allerdings nicht unbedingt vertrieben hat. Sie hat uns als die Polizei weg war, erneut angebettelt.

Nachdem wir die zweite Passhöhe überwunden haben, kehren wir in einer kleinen Gîte zwischen Rich und Errachdia ein. Hier dürfen wir mit einem wunderschönen Ausblick auf die Zizschlucht und einer Palmenoase unser WoMo auf deren Grundstück parken. Abends kommen zum Abendessen und übernachten noch zwei weitere Autos hinzu. Es ist wunderbar ruhig und friedlich hier. Ein super Ort zum runterkommen.

Palmenoase vor der Zizschlucht
Zizschlucht vor dem Stausee

Durch den Fluss, der im Moment durch den Regen auch Wasser führt, gibt es entlang des Ufers durchgehend Palmen und durch Bewässerungssysteme fruchtbares Land. Weiter südlich wird der Oued Ziz aufgestaut. Wie man sieht ist der Stausee gut gefüllt.

Reservoir du Barrage Al Hassan Addakhil

Bis nach Merzouga ist es nicht mehr all zu weit. Jetzt noch einmal tanken und dann ab in die Düne. Warum erwähne ich das Tanken noch einmal explizit? An dieser Tankstelle in dem kleinem Dorf Er-Rachidia konnten wir sogar mit dem Handy per Apple Pay bezahlen. Oh, Wunder und das mitten im Nirgendwo.

Die erste Tankstelle mit Apple Pay, die wir gefunden haben.

Links und rechts des Weges reiht sich ein Fossiliengeschäft bzw.
-ausstellung an das Nächste. Fast auf jedem zweiten Stein, den man hier umdreht kann man irgendwelche vorzeitlichen Abdrücke erkennen. Natürlich kann man damit auch Geschäfte machen. Uns ist nicht so nach toten Steinen, sondern wir möchten endlich den Sand zwischen unseren Füssen und Reifen haben. Wir wählen die etwas kleinere Straße etwas östlich, die direkt entlang der großen Sanddüne Erg Chebbie verläuft. Hier biegen wir frühzeitig in einen der vorgespurten Sand- und Schotterwege ab, in der Hoffnung einen schönen Platz in den Dünen ganz für uns zu haben. Wir wissen, rund um Merzouga ist viel los. Die meisten besseren Hotels befinden sich bereits in Arfoud oder Rissani. Von hier aus werden die Wüstentouristen dann zur Sanddüne gebracht. Das Highlight für viele Touristen sind die 4×4 Touren mit dem Auto oder als Selbstfahrer mit dem Quad oder Buggy. Damit cruisen sie durch die schöne Dünenlandschaft. Das Problem sind nicht einzelne Fahrzeuge sondern die Masse an Leuten, die das wollen und die Anbieter ziehen mit. Dann sind mir die Leute, die eine Kameltour zu den Beduinenzelten machen deutlich lieber.

Der Platz den wir uns mit Hilfe von P4Night ausgeguckt haben, ist bereits von einem großen 4×4 Truck belegt. Wir fahren erst einmal weiter und parkieren neben einem Akazienbaum. Stühle raus und erst einmal staunen.

Wir haben das Gefühl als wenn vor uns ein Kinofilm abläuft. Es ist noch alles so unwirklich für uns. Auf diesen Moment haben wir uns jahrelang gefreut und jetzt sind wir angekommen.

Lange bleiben wir nicht alleine. Wie in der Stellplatz App immer wieder beschrieben, kommen nach einer Weile Einheimische mit ihrem Moped vorbei und wollen einem alles mögliche verkaufen. Von allen Aktivitäten in den Sanddünen bis hin zu Schmuck, Tüchern, Geschirr usw.. Alle beide, die uns aufsuchen, sprechen sogar recht gut deutsch. Sie geben sich wirklich große Mühe, aber wir bleiben hart und wimmeln sie so freundlich wie möglich erfolgreich ab. Wir beschließen auf den anderen Platz, an dem bereits schon der Wüstentruck steht, zurück zu fahren, denn hier stehen wir etwas zu nah an der Piste. Ok, Bernd setzt kurz zurück, schlägt das Lenkrad ein und will weiterfahren und nix geht mehr. Mmh, wir haben uns doch nicht schon festgefahren? Hilft ja nicht, Schaufel raus und Keile untergelegt und mit dem richtigen Gang und Sperrdifferenzial eingelegt, geht es wieder raus aus dem Sand. Puh, man steckt schneller fest als man denkt.

OK, beim nächsten Mal vielleicht etwas Luft aus den Reifen lassen, dann klappt’s mit Sicherheit besser.

Besser den richtigen Reifendruck einstellen.

Den Platz fahren wir dann problemlos an und wir finden noch ein lauschiges Eckchen zwischen den Dünen, so dass man die Nachbarn, gar nicht sieht. Ein Pärchen mit Kind und zwei Hunden aus den Niederlanden stehen bereits seit einer Nacht hier und sind genauso wie wir, das erste Mal mit dem Fahrzeug in der Wüste. Außerdem ist es auch ganz beruhigend nicht ganz alleine zu stehen.

Unsere erste Nacht in der Wüste. 😊

Es ist noch recht frisch und nach einer kleinen Erkundungstour auf die Dünen verkriechen wir uns ins Auto, denn am Horizont tauchen dunkle Wolken auf. Das gibt es gar nicht, schon wieder Regen. Diesmal wird das Gewitter von einem kleinen Sandsturm begleitet. Wir machen erst einmal alle Schotten dicht. Es bläst gewaltig und wir sehen keine Düne mehr vor lauter Staub.

Also die Farben, die der Sand bei untergehender Sonne annimmt, ist schon beeindruckend. Einfach toll. Man kann sich gar nicht sattsehen. Nach jeder Minute ändern sich die Farben.

Die Nacht ist so etwas von ruhig. Am nächsten Morgen scheint endlich die Sonne ohne jegliche Einschränkung. Keine Wolke, kein Nebel, einfach nur blauer Himmel. Wow. So haben wir es uns vorgestellt. Diesen Tag werden wir hier in vollen Zügen genießen. Etwas durch die Dünen stromern und faulenzend die Gegend betrachten. Herrlich. Hier eine Auswahl unserer Lieblingsmotive.

Und dann kam an diesem Abend der Sonnenuntergang ohne vorheriges Gewitter.

Jetzt freuen wir uns noch auf den Nachthimmel. Welch ein Naturschauspiel am Rande der großen Saharawüste.

Am nächsten Morgen verlassen wir diesen traumhaften Ort. Wir fahren immer entlang der Sanddüne über die unbefestigte Nebenpiste. Es gibt einige Sandverwehungen, so dass Bernd die Stücke mit etwas mehr Schwung durchfährt. Das klappt auch gut bis dann ein etwas buckeliges Stück darunter ist und unser Husky ein wenig abhebt und wir uns erschrocken anschauen und beten: Hoffentlich ist das gut gegangen. Nach anschließender genauerer Sichtinspektion scheint unser Ford doch hart im nehmen zu sein und wir erleichtert weiterfahren können. In der Kabine war allerdings ein etwas größeres Chaos. Alles ist einmal hochgehüpft und hat sich irgendwo im Auto verteilt. Bis auf zwei Gläser ist alles heile geblieben. Das war uns eine Lehre. Immer schön langsam, wenn man nicht weiß was kommt.

Kurz vor Merzouga steuern wir den kleinen See am Rande der Stadt an. Man fährt in wenig über eine relativ entspannte Gravelpiste und kann dann bis runter zum See fahren. Die Flamingos konnte wir gegen die mittlerweile etwas wärmer gewordenen Luft nur als eine rosa Wolke erkennen. Dann höre und sehe ich noch einige Rostgänse und einen Stelzenläufer, erkennbar an seinen langen roten Beinen und einem schwarzen Rücken.

Zum Übernachten ist es uns hier zu exponiert und es kommen immer wieder Leute vorbei, die nur einmal schauen, so wie wir und dann wieder fahren. Also beschließen wir bis zum allerletzten Dorf und bis zum Ende der asphaltierten Straße und dann noch 6 km weiter zu fahren, um dort in einem Camp zu übernachten. Unterwegs kommen wir an den verschiedensten Restaurants, Hotels und sonstigen Touristenangeboten vorbei. Man kann auf Pferden und Kamelen reiten, Quads, Motorräder und 4x4Autos leihen, bzw. sie inclusive Fahrer buchen. Merzouga mit der Erg Chebbie ist der Touristenhotspot schlechthin in Marokko. Aber wovon sollen die Leute leben, wenn ihnen hier regelgerecht das Wasser abgegraben wird. Aber dazu später mehr. Wir haben Glück und im März und dazu noch während des Ramadans gibt es nur wenige Touristen. Ein paar wenige Wohnmobile, aber die sehen wir fast gar nicht, da sie wahrscheinlich alle hinter den Mauern der Kasbahs verborgen stehen. Jedesmal, wenn wir, warum auch immer, kurz anhalten, werden wir sofort eingeladen doch auf ein Camp zu fahren oder sonstige Attraktionen wahrzunehmen. Anla shukran, was soviel wie nein, Danke bedeutet.

Kamele und Berber warten auf Kundschaft

Kurz bevor wir die asphaltierte Piste verlassen und auf die unbefestigte alte Paris Dakarpiste kommen und langsamer werden, steht schon der nächste Touristenfänger auf der Straße und möchte uns in sein Camp einladen. Wir bleiben hart und fahren, wie wir es uns vorgenommen haben, bis zur großen Sanddüne bei Oazina. Hier sieht erst einmal alles wie ausgestorben aus. Vor der Kasbah steht ein Berberzelt mit verschiedenen Sitzgelegenheiten und Feuerstelle. Nachdem wir auf den Hof gefahren sind, kommt dann doch jemand und begrüßt uns. Wir können erst einmal auf dem für Wohnmobile vorgesehenen Parkplatz parken. Wir sind hier tatsächlich die einzigen WoMo-Gäste. In der Herberge scheinen noch einige Franzosen mit ihren Offroad-PKWs zu wohnen.

Nach dem Einchecken, gibt es erst einmal einen Willkommenstee. Die Kasbahs rein aus Lehm und Stroh gebaut, haben schon ihr besonderes Flair. Der Aufenthaltsraum ist durchaus für schätzungsweise 60 Leute eingerichtet. Hier muss schon mal mehr los sein.

Der Platz direkt an der Düne ist wirklich total idyllisch und es ist absolut ruhig. Nur gegen Abend kommt ein junger Motorradfahrer und fährt die Düne hinauf und viel später fast nach Sonnenuntergang kommt die restliche Truppe von der Düne runter, wo auch immer sie herkommen. Das Licht und die Abendstimmung ist wirklich phänomenal. Hinter der orangegelben Düne heben sich die schwarzen Berge ab. Das ist noch ein mal anders als bei der Erg Chebbie.

Abends wurden nur für uns die Duschen mit einem Holzofen angeheizt, so dass wir sogar dieses Mal ganz komfortabel richtig heiß duschen konnten. Dieser Ausflug bis hierher hat sich auf jeden Fall gelohnt. Am Morgen konnte ich noch ganz in Ruhe meine Yogastunde in den Dünen abhalten. Wunderbar.

Einmal den herabschauenden Hund am Fuße der Sahara.

Heute geht es weiter wieder Richtung Norden, ein Stückchen wieder in die Richtung von der wir gekommen sind. Wir möchten noch etwas mehr über die Geschichte der offensichtlich sehr ausgetrockneten und abgestorbenen Dattelpalmen im Drâa-Tafilalet erfahren. Zunächst organisieren wir in Arfoud noch einige Lebensmittel an der Straße und fahren dann weiter bis kurz hinter Fezna. Dort findet man auf einer großen trockenen Fläche ganz viele Erdhaufen. Dieses sind die alten Artesischen Brunnen mit dem unterirdischen Kanälen, den Khetteras. Das Bewässerungssystem diente dazu das Wasser aus dem Atlasgebirge bis nach Merzouga zu leiten. Dieses System ist schon Jahrhunderte alt, aber seit langer Zeit nicht mehr wasserführend und funktionstüchtig, zumindest hier in dieser Region nicht. Denn durch die neue Landwirtschaft und die Bewässerung von Melonenfeldern und Avokadoplantagen, die extrem viel Wasser benötigen, ist der Grundwasserspiegel so gesunken, dass die alten und bewährten Bewässerungssysteme, auch die für die Dattelpalmenoasen, kein Wasser mehr führen. Deshalb sind viele der Plantagen vernichtet worden. Dabei benötigen die hier heimischen Palmen gar nicht viel Wasser.

In einem der ausgetrockneten Kettheras

Immer noch in der Erwartung an eine noch schöne Oase zu kommen, fahren wir den Campingplatz in Meski an, der direkt an der blauen Quelle mit einem natürlichem Pool und heiligen Fischen liegen soll. Tja, leider ist das Schicksal dasselbe wie in den anderen anderen Oasen auch, die Quelle ist versiegt.

Trockener Pool der versiegten blauen Quelle von Meski

Die Palmen stehen noch und sind dank einiger kräftigeren Regenfälle im letzten Jahr einigermaßen grün. Der Platz ist schön schattig und man bekommt einen wirklich ein gutes rundum Paket, wenn man möchte.

Wir entscheiden uns hier noch einen Tag länger zu bleiben, da wir hier unsere Wäsche waschen lassen können, für einen Preis, den wir selber bestimmen. Dazu gibt es eine hervorragende Tajine, die uns direkt ans WoMo gebracht wurde. Natürlich möchte man hier auch etwas verkaufen, bzw. tauschen. Nach der allabendlichen Teezeremonie haben wir dann eine schöne handgewebte große Berberdecke und einen Schal gegen Geld und einige Medikamente getauscht.

Am Tag haben wir ein wenig die Gegend erkundet. Wir sind zu einer sehr alten ziemlich verfallenen Kasbahruine gelaufen. Von oben hat man einen herrlichen Blick auf die tiefer gelegene Dattelpalmen-Oase von Meski. Bernd ist sehr mutig und hangelt sich durch das alte zerfallene Gemäuer und ich hinterher. Bei uns wäre hier alles wegen Einsturzgefahr abgesperrt gewesen. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht und es ist alles gut gegangen.

Fès – lebhaft, bunt, orientalisch und voller Gegensätze

Die Fahrt von Chefchaouen nach Fès geht für uns über die RN 13. Relativ gut ausgebaut, geht es durch die Ausläufer des Rifgebirges, zügig voran. Kurz vor Fès verändert sich die Landschaft von sattem Grün zu sandigen Bergketten mit spärlichem Bewuchs.

Über die RN 13 nach Fès.

Wir peilen einen Parkplatz an, der relativ neu und direkt neben der Medina liegt. Problemlos fahren wir über die breiten Prachtstraßen von Norden aus in die Stadt. Am Parkplatz werden wir direkt von einem sehr engagierten Parkplatzwächter eingewiesen und bekommen direkt die Empfehlung, seinen Cousin für eine Stadtführung auf deutsch für den nächsten Tag zu engagieren. Der Preis ist vielleicht angemessen, uns aber zu viel.

Unser Übernachtungsplatz direkt neben der Medina in Fès.

Wir entscheiden, uns Fès auf eigene Faust zu erkunden. Also los und rein ins Getümmel. Heute ist Freitag und am Nachmittag ist es auf der Medina relativ entspannt, was die Besuchermenge angeht. Einige wenige Geschäft sind wahrscheinlich aufgrund des Ramadans geschlossen. Wir laufen einfach drauf los, zuversichtlich dass wir aus dem Labyrinth von Gassen wohl irgendwie wieder herausfinden werden. Ab und zu funktioniert auch unser GPS und es gibt sogar ein paar handgemalte Schilder zur groben Orientierung. Zudem liegt die Medina am Hang, so dass wir erst einmal nur runter gehen und wir uns ziemlich sicher sind, dass der Weg zurück wieder hoch gehen müsste. Das hat auch so ungefähr mit einigen Umwegen funktioniert.

Die Souks sind in verschiedene Bereiche aufgeteilt, in denen dann hauptsächlich Babouches (Pantoffeln), Kupferware, Porzellan, Leder, Kosmetik und Pflegeprodukte wie Henna zu finden sind. Eines der schönsten Eingangstore zur Medina ist das Bab Boujeloud. Hier gibt es auch gute Möglichkeiten zu sitzen und das Geschehen zu beobachten.

Es gibt überall Köstlichkeiten, die allerdings nicht so günstig sind wie erwartet. Liegt es daran, dass wir Touristen sind, bzw. es auch hier Handlungsspielraum gibt und wir diesen nicht genutzt haben. 🤔 Wir sind auf jeden Fall gut gesättigt zum WoMo zurückgekehrt.

Am nächsten Tag haben wir uns dann etwas besser vorbereitet in das Viertel begeben und etwas zielstrebiger die Sehenswürdigkeiten angeschaut. Da wir Samstag haben, ist diesmal richtig viel Trubel in den Gassen. Auf unserem Zettel steht als erstes das Museum Al Nejjarine auf dessen Platz ein sehr schön verzierter Brunnen steht. Leider wird er gerade restauriert und ist hinter einer Folie versteckt. In dem Museum wird alte Handwerkskunst gezeigt. Das schon von außen toll aussehende Eingangstor gehört zu einem der wenigen erhaltenen Karawansereigebäuden. Wir schauen uns nur von außen das prächtige Tor an, denn Handwerkskunst sehen wir auch in den Gassen live vor Ort.

Das prächtige Eingangstor zum Handwerksmuseum Al Nejjarine.

Von dort gehen wir weiter zu einem Aussichtspunkt auf einen Innenhof einer Gerberei. Erst geht es durch ein Lederwarengeschäft über mehrere Etagen nur mit Lederware. Oben auf der Terrasse angekommen, strecken wir unseren Kopf und somit auch unsere Nasen über das Geländer. Hölle, welch ein Geruch. Es wird mit Hilfe von aus Pflanzen gewonnen Tanninen gegerbt und anschließend mit Taubenkot behandelt, um das Leder geschmeidig zu machen. Wir können froh sein, dass wir nicht im Hochsommer hier sind. Das muss unerträglich sein, vor allen für diejenigen, die hier arbeiten.

Links Töpfe mit Farben aus Pflanzen und Mineralien und rechts die Gerbwannen

Immer noch den Geruch in der Nase gehen wir hinter einer Gruppe Touristen her mit ihrem Stadtführer voran. Somit finden wir auch die größte und älteste Moschee in Fès, die Al-Qarawīyīn Moschee. Ihr angeschlossen ist die älteste Universität der Welt. Wir dürfen als Nicht-Muslime nicht hinein, aber die Türen stehen auf und es ist erlaubt Fotos zu machen.

Da wir nicht hinein dürfen, möchten wir wenigstens einen Blick von oben erhaschen. Gegenüber gibt es ein Gebäude von dem es angeblich möglich sein soll. Ein Local zeigt uns direkt sehr hilfsbereit, wo es hinaufgeht. Wieder geht es durch ein Geschäft mit etlichen Etagen, verwinkelt bis in die oberste Etage. Hier landen wir auf einer Dachterrasse ohne Geländer, die für die Aussicht genutzt wird, aber mit Sicherheit nicht der offizielle Ausguck ist. Eifrig erzählt uns der selbsternannte Guide etwas über die Universität und die Moschee und zeigt uns die Moschee Andalous in einem anderen Viertel in der Ferne. Die Aussicht ist fantastisch und wir erfahren noch etwas über das, was wir sehen. Natürlich ist dieser Service nicht gratis. Es ist hier ein Geben und Nehmen. Wir finden es hat sich gelohnt.

Um aus der Medina herauszukommen, gehen wir durch das Kupferviertel und an noch weiteren Gerbereien vorbei, man riecht es deutlich. Immer wieder versuchen uns die selbsternannten Guides den Weg zu ihren Gratis Terrassen zu zeigen und wollen dann aber für das Zeigen des Weges Geld haben, obwohl man den Weg sicherlich selbst gefunden hätte, aber dazu wird einem gar nicht die Gelegenheit gegeben. Wir wimmeln sie alle erfolgreich ab und gelangen dann in ein Wohnviertel, welches ziemlich heruntergekommen aussieht. Von außen sieht man die zum trocknen über die Mauern hängenden gegerbte Felle. Der Fluss dahinter sieht ziemlich milchig aus. Ich denke, es sind die Abwässer aus der Gerberei.

Jetzt müssen wir erst einmal den Geruch aus der Nase bekommen. Wir laufen quer durch die Medina, mittlerweile klappt es schon ganz gut mit der Orientierung, um zu unserem Parkplatz zu gelangen für ein kleines Mittagspäuschen in unserem WoMo. Der Parkplatz ist wirklich fantastisch zentral. Nach dem Regenschauer gehts zum Königspalast. Erstaunlich wieviel Patz rundherum um die Medina ist. Wir laufen über große Plätze und landen schließlich im jüdischen Viertel. Es gibt hier noch ca. 50 jüdische Marokkaner mit einer eigenen Synagoge.

Am Ende gelangen wir auf dem Vorplatz des Königspalastes.

Königspalast

Auf dem Rückweg geht es entlang der neuen Universität mit angeschlossener Highschool.

Die Tage in Fès waren sehr eindrucksvoll, aber auch anstrengend. In der Nacht war der Muezzin besonders eifrig und fing schon gegen halb vier mit seinen Gebeten an. Dann folgten die Kanonensalven und weitere Gebete. Den Sinn der Schüsse erschließt sich mir für den so frühen morgen nicht wirklich. Nachdem man wieder eingeschlafen war, legte dann urplötzlich ein Esel mit seinem Gewieher los. Das kannten wir aus der ersten Nacht deutlich ruhiger. Egal, das gehört irgendwie dazu. Wir haben Urlaub und heute gehts ab in die Berge und in die Kälte 🥶. Unser Ziel ist Azrou im mittleren Atlasgebirge.

Marokko wir kommen – Erste Erfahrungen in Tetouan und Chefchaouen

Die 10 Uhr Fähre zu nehmen, war eine gute Entscheidung. Der Sturm hat sich etwas gelegt und es regnete nur noch ab und zu schauerartig. Bis wir aber auf die Fähre fahren konnten, verging allerdings einige Zeit. Immer wieder wurden Papiere, Ausweise etc. kontrolliert. Das Verladen ging dann relativ zügig. Die Überfahrt dauerte ca. 1,5 Stunden. In dieser Zeit stempelte ein Grenzbeamter alle Pässe im Rekord. Das dauerte die gesamte Überfahrt, wobei wir die gesamte Fahrt hinter einer Gruppe Chinesen in der Warteschlange standen. Die Zeit haben wir für ein paar interessante Gespräche mit einigen Mitreisenden nutzen können. Einige von denen haben eine geführte 4-6 wöchige Wohnmobiltour gebucht, während andere, so wie wir, auf eigene Faust das Land erkunden.

Wir kommen gefühlt 2 Stunden später als geplant an und sind froh, dass wir die ganze Prozedur nicht gestern Abend gemacht haben. Wenn das Schiff überhaupt gefahren ist, viele Fähren sind wegen des hohen Seegangs nämlich gar nicht an dem Hafen gekommen, wären wir erst gegen Mitternacht in Marokko angekommen. So ist es uns lieber, so können wir uns nach dem Gruppenröntgen der Fahrzeuge und der Zollabfertigung direkt auf den Weg in das Abenteuer Marokko machen.

Der LKW rechts fährt an der Autoschlange entlang und röntgt jedes Fahrzeug, natürlich ohne Passagiere.

Wir schlagen den Weg Richtung Chefchaouen über Tetouan entlang der Mittelmeerküste ein.

Immer auf der RN 16 bis Tetouan

Was uns auf der Fahrt auffällt, ist die unglaublich hohe Anzahl der Verkehrskontrollen durch unterschiedliche Polizeiinstanzen. Immer wieder passieren wir verengte Bereiche, an denen Fahrzeuge kontrolliert werden. Wir werden immer sehr höflich durchgewunken. Das Küstendorf Fnideq, in der Nähe der spanischen Enklave Ceuta, wirkt wie ein Hochsicherheitsgebiet. Nach Recherchen habe ich herausgefunden, dass von hieraus immer wieder sogenannte Massenfluchten über die Grenze nach Ceuta stattfinden. Häufig sind es junge Marokkaner, die versuchen illegal nach Spanien zu gelangen. Einige versuchen sogar schwimmend dorthin zu gelangen, was mich ein wenig an einige DDR-Fluchten erinnert. Der Strandabschnitt ist mit Absperrgittern umgeben und gar nicht mehr zugänglich. Um so weiter wir uns von dem Gebiet entfernen, um so weniger offensichtliche Polizeipräsenz gibt es.

Da es schon fast später Nachmittag ist, suchen wir einen bei Park4Night geposteten Parkplatz in der Innenstadt von Tetouan auf. Wir wurschteln uns durch den recht dichten Verkehr mitten durch die Stadt. Es regnet mal wieder und viele Fußgänger versuchen noch ein Taxi oder eine sonstige trockene Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Somit steht auch ständig der Verkehr still, da Leute ein und aussteigen. Na ja, irgendwie schaffen wir uns durch das Gewusel. Nur ist der Parkplatz nicht ganz nach unserem Geschmack. Total schräg und irgendwie nicht sehr einladend, da ziemlich viel Verkehr drumherum fährt. Auch macht es keinen Sinn bei strömendem Regen durch die Stadt zu laufen. Also entscheiden wir uns weiter Richtung Chefchaouen zu fahren. Auf dem Weg dorthin fahren wir an einem Parkplatz vorbei, der etwas einladender ist. Hier steht bereits ein großer 4×4 Wüstentruck, so dass wir uns ihm anschließen können. Es ist ein besseres Gefühl die erste Nacht nicht ganz alleine zu verbringen.

Abendstimmung in Tetouan am Oued Martil

In der Nacht waren wir nicht ganz alleine. Bis um 2 Uhr nachts war reger Betrieb auf dem Parkplatz. Es wurde telefoniert, gequatscht und diskutiert. Für uns interessierte sich Gott sei Dank niemand. Irgendwann war dann Ruhe auf dem Platz und ich konnte dann doch noch ein paar Stündchen schlafen. Ein bisschen aufregend war es schon, obwohl wir das aus anderen Ländern kennen, aber dieses war nunmal die erste Nacht in Marokko.

Am nächsten Morgen scheint endlich mal wieder die Sonne. Nach einem kleinen Schnack mit dem Nachbarn, der mit seiner Frau in diesem Truck seit längerem ausschließlich wohnt und durch die Weltgeschichte reist, fahren wir über eine Nebenstrecke durch den Tallasemtane Nationalpark durch das Riffgebirge. Es ist alles wunderschön grün. Hier gibt es wenig Tourismus, die Dörfer sind sehr einfach und es sind immer wieder Kinder am Straßenrand, die uns zuwinken und wollen, dass wir anhalten, um etwas zu kaufen oder auch etwas von uns zu bekommen. Leider gehen viele Kinder im ländlichen Bereich trotz der Schulpflicht nicht zur Schule, obwohl sie es könnten. Nur sind diese Schulen auf dem Land häufig nur sehr dürftig bis gar nicht ausgestattet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Die Regierung hat es zwar auf dem Zettel, aber die Frage ist, wann und wie.

Eine beeindruckende Schlucht in dem Nationalpark Tallasemtane.

Gegen Mittag fahren wir in Chefchaouen auf den einzigen Campingplatz. Wir entscheiden uns schnell für einen Platz oberhalb am Ende des Platzes. So haben wir einen guten Blick auf das Geschehen unten, wo sich die größeren Womos Seite an Seite kuscheln.

Gute Übersicht.

Am späten Nachmittag gehen wir runter in die alte Medina von Chefchaouen. Ca. 10 Minuten Fußweg über eine Treppe durch einen Park gelangen wir schnell ins blaue Häusermeer und durchstreifen staunend die Souks. Wir sind total geflasht von dem Farbenmeer. Eine Gasse ist schöner als die andere. Unten ein kleine Auswahl.

Nach einer Stärkung an der Kasbah laufen wir noch ein wenig durch die Gassen bis plötzlich eine Sirene heult und der Sonnenuntergang und das Fastenbrechen am Abend mit einem anschließendem Gebet von dem Muezin eingeläutet wird. Es ist sehr lustig zu sehen, wie alle vor ihren gefüllten Tellern und Gläsern sitzen und warten bis sie endlich anfangen können zu essen und zu trinken.

Die Kasbah mitten in der Medina.

Auf einmal sind alle Gassen leer. Die Geschäfte sind alle geschlossen und der Abend beginnt für die Einheimischen. Im Dunkeln wirkt es noch einmal anders. Wir können uns gar nicht sattsehen an diesem blau.

Wir steigen die 100 Höhenmeter über die Stufen wieder hoch zurück auf unseren Campingplatz. Mittlerweile ist der Platz bis auf den letzten Winkel zugestellt mit Fahrzeugen. Jetzt müssen wir erst einmal die ganzen Eindrücke verarbeiten.

Den nächsten Tag gehen wir langsam an. Die Sonne will so recht nicht rauskommen. Aber das Warten lohnt sich. Gegen 11 Uhr gewinnt sie die Oberhand. Bei strahlendem Sonnenschein umrunden wir heute die Medina und kommen an der Stromschnelle Ras El Maa vorbei. Hier an dem kleinen Wasserfall wird sogar noch von einigen Frauen die Wäsche per Hand gewaschen.

Wasserfall Ras El Maa mit Waschhaus.

Wir gehen die Straße weiter runter und wir finden immer wieder neue Perspektiven auf die tolle blaue Stadt.

Auf dem Weg zur Neustadt laufen wir immer wieder durch herrlich bunte Wiesen.

In der Neustadt erledigen wir noch ein paar Einkäufe, so dass wir uns heute Abend mal wieder selber verköstigen können. Ein schöner entspannter Tag mit Blick von außen auf die Medina ohne großen Touristenrummel.

Marokkanisches Hähnchen.

Welch ein schöner farbenfroher Start ins uns noch unbekannte orientalische Marokko. Wir freuen uns schon auf weitere Erlebnisse und sind jetzt schon beeindruckt von der Vielfalt des Landes nach nur zwei Tagen.

Von Valencia entlang der Ostküste Spaniens nach Algeciras

Die Entscheidung an der Ostküste nach Algeciras zu fahren, hat uns einfach das Wetter abgenommen. Durch das Landesinnere über die Hochebenen bei unter 10°C und Regen tagsüber zu fahren und nachts ohne Heizung auszukommen, war uns dann doch zu ungemütlich. An der Küste sind es immerhin bis zu 17°C und ab und zu nur ein paar Schauer, so sagt das Wetterorakel. Über die Hochebene nach Valencia zu fahren, war sogar ein Genuss. Wenig andere Verkehrsteilnehmer und immer wieder schöne Gebirgszüge und Felsformationen in unterschiedlichsten Farben. Ab Valencia waren wir nicht mehr alleine unterwegs. Nach vielem hin und her Recherchieren haben wir uns für den kleinen Ort Dénia entschieden, der südlich von Valencia liegt. Die Wetterprognosen für den Abend haben zumindest trockenes Wetter prophezeit. Als Erstes haben wir uns einen Parkplatz in der Stadt gesucht, um ein paar Einkäufe für das Abendessen zu machen. Dénia ist eine mittelgroße Stadt, die noch sehr authentisch wirkt. Das zeigte sich auch an dem in Kürze stattfindenden Fallas-Festival. Die Figuren konnte man schon sehen und einige Straßen waren deshalb schon gesperrt. Nach Recherchen habe ich herausgefunden, dass dies ähnlich wie beim Karneval, den Abschied vom Winter darstellt. Nur stehen hier die Schreiner bzw. Zimmerleute im Vordergrund, die diese aufwendigen Holzfiguren schnitzen. Auf jeden Fall scheinen sich die Einwohner wie Bolle darauf zu freuen. Als Karnevalsjeck kann man das wirklich nachvollziehen.

Im Hafen haben wir ganz frischen Tintenfisch und vier Gambas Roja vom Feinsten erstanden. Die Gambas Roja sind, wie der Name schon sagt, von Natur aus rot und werden es nicht erst bei der Zubereitung. Sie werden ausschließlich um diese Jahreszeit in dem Gebiet zwischen dem Festland und Ibizza gefangen. Das Ganze ist sehr aufwendig und zeitintensiv, somit ist der recht hohe Preis durchaus gerechtfertigt und somit haben wir uns auch nur 4 gegönnt.

Übernachtet haben wir auf einem kleinen Parkplatz etwas außerhalb vom Ort in einem Gebiet mit vielen kleinen Ferienwohnungen, die anscheinend zur Zeit noch nicht bewohnt sind.

Abendstimmung in der Bucht von Dénia
Meeresfrüchte an Salat – selfmade

Am nächsten Morgen hatte uns der Regen wieder eingeholt. Na ja, wir hatten eh for etwas Strecke zu machen, denn unser Ziel ist schließlich Marokko. Landschaftlich hatte dieser Teil unserer Fahrt leider nur touristische und landwirtschaftliche Highlights zu bieten. Bettenburgen und Plastikplanen unter denen die Obst- und Gemüseplantagen verschwinden. Ein Graus. Aber dazwischen gibt es Gott sei Dank immer wieder ein paar Fleckchen, die unter Naturschutz stehen und daher eher extensiv bewirtschaftet werden. Unser Navi hat uns, auf dem Weg zu unserem Zwischenziel bis Algeciras durch eine irre Berglandschaft geführt. Die Ausläufer davon haben wir später dann noch erwandert.

Nach zwei Tagen nur Autofahren wird es mal wieder Zeit für einen längeren Aufenthalt vor Ort. Der sollte gut gewählt sein, was in dieser Gegend, die von Wohnmobilisten, so wie wir sie natürlich auch sind, in den Wintermonaten regelrecht überschwemmt wird. Viele Rentner verbringen mit ihren riesigen Wohnmobilen die kalte Jahreszeit hier. Was an manchen Orten wirklich zu Auswüchsen führt. Dazu möchten wir uns irgendwie nicht zählen. Wild stehen, so wie wir es lieben, fühlt sich hier irgendwie falsch an. Also entscheiden wir uns für einen WoMo-Stellplatz, direkt an der Küste im Parque Natural del Cabo de Gata-Nijar, etwas nördlich von Almeria. Wir haben Glück und erwischen noch einen Platz, den wir für zwei Nächte buchen.

Der nächste Tag beginnt mit schönsten Sonnenschein. Der Wind hat auch nachgelassen, so dass wir diesmal sogar nur in kurzer Hose und T-Shirt eine stramme Wanderung über die Hügel entlang der Küste bis zum Playa de los Muertos unternehmen. Endlich so etwas wie Sommerfeeling. Es geht an mehreren interessanten Sehenswürdigkeiten entlang.

Hier endete früher eine Eisenbahnlinie, auf der Erz bzw. Mineralien aus dem Inland herbei geschafft und dann in Agua Amarga auf Schiffe verladen wurden.
Faro de Mesa Roldán

Von hier oben hat man einen tollen Rundblick auf den Naturpark und das Meer. Man kann sogar im Süden bis zur schneebedeckten Sierra Nevada blicken.

Interessante Ein- und Ausblicke
Costa Blanca in 🤩
Leuchtturm auf dem Faro de Mesa Roldán

Unser Ziel der Wanderung ist der Strand der Toten, der Playa de los Muertos. Ein wunderschöner Strandabschnitt, der zu Fuß nur mit einigen Mühen erreicht werden kann. Entsprechend leer ist er auch. Man sagt, dass der Name von der Häufigkeit, der durch die Meeresströmung verursachte Anschwemmung von Leichen der Schiffbrüchigen herrührt. Wir haben keine Leichen gesehen, höchstens SonnenanbeterInnen und davon nur sehr wenige.

Playa de los Muertos

Auf dem Rückweg laufen wir etwas abseits der Straße durch die Macchia.

Wandern durch den Naturpark Cabo de Gata

Fast zurück noch einen schönen Blick auf Agua Amarga. Schön wars.

Morgen gehts weiter Richtung Algeciras. Mal sehen wie weit wir kommen.

Heute sind wir im Flow und unser Ford fährt uns bis nach Marbella. Entlang der endlosen mit Plastik überspannten Gemüsefelderwüste rund um Almeria, fahren wir bis Andalusien.

Die Gewächshäuser sind teilweise bis in die Berge hineingebaut.

Kurz hinter Málaga machen wir unser Kaffeepäuschen auf einem Parkplatz direkt am der Strandpromenade. Hier können wir auch noch ein paar Besorgungen machen und für einen kleinen Strandspaziergang ist auch noch Zeit bis es weiter bis nach Marbella geht.

Kiesstrand hinter Málaga

In Marbella ist die Porsche- und Ferraridichte deutlich erhöht. Die Schnellstraße reicht teilweise bis unten an die Küste und oben zwischen den Hügeln luken immer wieder prachtvolle Villen aber auch viele Appartmentanlagen hervor. Wir fahren entlang eines Gebirgsflusses etwas in die Berge hinein, wo wir auf dem Wege zu einer nicht mehr bewohnten Ferienanlage einen hervorragenden Übernachtungsplatz finden. Von hier aus haben wir am Abend noch gute Sicht bis auf das Meer.

Am nächsten Morgen sehen wir nur noch Wolken. Das soll sich auch den ganzen Tag nicht mehr ändern. Bis Algeciras ist es nur noch eine Stunde Fahrt. In Palmones kurz vor Algeciras parken wir auf einem Parkplatz, der anscheinend speziell für wartende Wohnmobilisten auf die Überfahrt nach Marokko gedacht ist. Hier sehen wir auch schon die ersten größeren 4×4 Fahrzeuge. Der Standort ist superpraktisch, da man von hier aus alles erledigen kann. Tanken, einkaufen im Supermarkt und Baumarkt, was uns um einen neuen Campingaskocher und die passenden Kartuschen beschert. Sicher ist sicher, damit wir auch bis zum Schluss mit unserem Gas auskommen. Ich bin mir sicher, das werden wir, schließlich benötigen wir das Gas nur zum Kochen. Hier erstehen wir auch unsere Fährtickets bei der von Wohnmobilisten gerne genutzten Agentur Carlos.

Hier spricht man alle möglichen Sprachen und man bekommt den rund um Service plus einer Flasche Wein und Kekse, um sich die Wartezeit bis zur Abfahrt zu versüßen, oder so ähnlich. Wir haben die Wahl noch am Abend die Fähre zu nehmen oder erst am nächsten Morgen. Wir entscheiden uns für den nächsten Morgen, in der Hoffnung, dass der Sturm nicht zu stark ist, der für die Nacht angesagt ist. Wir wären hier auch noch gerne bis zum Strand spaziert, um einen Blick auf Gibraltar zu erhaschen, aber es schüttet leider permanent wie aus Eimern. Also vergnügen wir uns mit einer zweiten Runde einkaufen. Wir sind total gespannt, was uns morgen alles erwartet.

Spaniens nördlichste Wüste – de Bardenas Reales

Die Befürchtung bei der Überquerung der Pyrenäen im Schnee stecken zu bleiben, bewahrheitete sich zum Glück nicht. Bei bestem Wetter sind wir entlang der Route des Jakobsweges gefahren. Hier mussten wir maximal 1000 Höhenmeter bewältigen, das reichte nicht für Schnee. Bernd lenkte unser WoMo elegant über die kurvige Strecke. Unser Navi führte uns über Straßen, die anscheinend kaum jemand fährt. Da kann man auch mal etwas langsamer fahren und ein bisschen Sightseeing machen. Auffällig war, dass es immer mal wieder an verschiedenen Stellen brannte. Die Feuerwehr und die Waldarbeiter verhindern durch das kontrollierte Abbrennen größere Feuersbrünste im Hochsommer, wenn alles trocken ist. So verhindern sie, dass der Unterwuchs nicht hoch bis in die Baumkronen reicht. Aha, wieder etwas dazugelernt.

Kontrollierte Brandrodung zum Schutz vor Waldbränden im Sommer

Nach dem wir an dem Pilgerort St.-Pied-de-Port vorbei waren, haben wir die ersten legendären Jakobspilgerer auf ihrer Wanderung gesehen.

Da sind’s se!

Wir sind natürlich vorsichtig und in einem großem Abstand an ihnen vorbei gefahren, um sie nicht zu stören. Es gibt immer wieder Kreuzungen mit dem eigentlichen Jakobsweg. Anscheinend verläuft auch ein kleiner Teil entlang der wenig frequentierten Straße.

Ohne, dass wir es groß bemerken, sind wir in Spanien. Keine Grenzposten oder Grenzstationen, wir bemerken es lediglich daran, dass die Schilder auf einmal anders aussehen. Jetzt geht es noch ein wenig kurvig weiter bis wir dann auf eine noch kleinere Straße abbiegen, die uns recht geradeaus auf die Hochebene der Navarra führt. Wir sehen weite Landschaften, einige verlassene Industrieanlagen und wundern uns über die gähnende Leere auf den Straßen. Vor dem Sonnenuntergang erreichen wir endlich unser gesetztes Ziel, Valtierra bzw. Arguedas. Zwei Orte, die in der Nähe des Eingangs zum Parque Natural de las Bardenas Reales liegen. Hier gibt es auch zwei kostenlose Wohnmobilstellplätze. In Valtierra finden wir abends noch ganz bequem einen Platz. Hier gibt es sogar Duschen, wo tagsüber mithilfe von Solarenergie das Duschwasser aufgeheizt wird. Grandios.🤗

Ausblick vom WoMo-Stellplatz auf Valtierra

Nach einer ruhigen Nacht sind wir ausgeruht genug, um eine kleine Wanderung über die kleinen Hügel und Abbruchkanten am Rande des Ebrotals zu unternehmen. Wir wählen einen Weg, der uns entlang alter Salzminen führt. Es sind lediglich zwei Höhleneingänge zu sehen.

Wir laufen durch einen offensichtlich in den letzten Jahren niedergebrannten Kiefernwald. Es muss aber schon etwas her sein, denn es gibt schon wieder viel Grün, was wieder nachwächst. Oben kreisen mittlerweile einige Geier, die es vielleicht auf den Mountainbikefahrer abgesehen haben, der durch die Hügel fährt? 🤔 Nach drei Kilometern durch die Hügel kommen wir wieder zurück zum Dorf Valtierra. Das Besondere sind hier die Wohnhöhlen, die in die Steilwände gegraben wurden. Einige dienen heute noch als Behausung. In einigen gibt es sogar ein Hostel, in dem man sich in der Saison ein Zimmer mieten kann. Das Klima soll im Sommer wie im Winter in den Höhlen immer zwischen 18 und 21 Grad betragen. Das nenne ich mal ökologisch und zugleich nachhaltig. So bleibt auch die Geschichte und die Tradition in Erinnerung.

In Valtierra versorgen wir uns auf dem Markt mit frischen Lebensmitteln der Region und kehren zufrieden zu unserem Womo zurück. Die Dusche haben wir dann auch noch getestet. Das bisschen Sonne hat das Duschwasser zumindest ein wenig aufgewärmt.

Um noch etwas von den Cuevas del Arguedas zu sehen, fahren wir auf den 4 km entfernten anderen Stellplatz, der ist zwar nicht so luxuriös mit Dusche und Toilette, dafür ist die Aussicht eine Besondere. Hier steht man direkt unter einer Wand mit vielen kleinen alten nicht mehr bewohnten Höhlenwohnungen. Am frühen Nachmittag finden wir hier auch noch einen Platz mit Blick auf die Wand, die am Abend sogar beleuchtet sein soll.

Leider haben wir es morgens nicht ganz so früh geschafft, aus den Federn zu kommen. Als die ersten Sonnenstrahlen unser Auto schön aufgeheizt hatten, war das Aufstehen dann aber um so angenehmer. Heute haben wir eine außergewöhnliche Rundfahrt durch die Bardenas Reales geplant. Das Wetter ist perfekt. Die Sonne mit ein paar Wolken macht sich auf Fotos immer ganz gut. Da es die Tage vorher immer ein wenig geregnet hat, ist die Schotterpiste auch nicht so staubig. Nach nur wenigen Kilometern treffen wir auch schon auf das Infocenter. Hier gibt es noch eine kurze Einweisung und eine Parpierkarte, welche Wege man benutzen darf und wo man auf gar keinen Fall reindarf. Zum Einen umrundet man ein Miltärgebiet, was schon nicht betreten werden darf und dann kommt noch ein Gebiet dazu, in dem gerade Vögel brüten, unter anderem auch ein paar Gänsegeier. Ansonsten sind viele Bereiche total sumpfig, so dass einem eh nicht anderes übrig bleibt als auf der Straße zu bleiben. 
Zu Beginn ist es noch etwas grün und es blüht wunderschön.

Es gibt immer wieder Plätze, an denen man anhalten kann, ansonsten geht das auch mitten auf der Straße, um die atemberaubende Landschaft zu bestaunen und zu fotografieren.

Durch unterschiedlich feste Erdschichten und Steine ergibt sich diese interessante Form. Alles Weiche wird abgetragen und die Steine liegen wie Deckel darauf, so dass nur nach und nach der Hügel abgetragen wird. Am Ende der Tour konnten wir noch ein besonderes Exemplar bewundern und auf einen der „Tafelberge“ konnten wir sogar über eine Treppe hochsteigen.

Bis auf eine kleine Staubschicht ist unser Bimobil ziemlich sauber geblieben. Den Rest wird der angekündigte Regen runter waschen. 

Die Tour durch die Bardenas Reales war ein lohnenswertes Erlebnis. Jetzt wollen wir noch einige Baumärkte aufsuchen, um nach einem Adapter für unseren Grill zu schauen. Nach dem wir in vier verschiedenen Märkten waren, in denen uns die VerkäuferInnen immer wieder unterstützt haben, das Teil zu finden, mussten wir schließlich einsehen, dass die deutschen Standards nicht kompatibel mit den Spanischen sind. Na ja, so haben wir zumindest schon einmal ein paar Baumärkte von innen gesehen und Kontakt mit Einheimischen aufgenommen. 

Wie schon angemerkt, soll hier das Wetter in den nächsten Tagen deutlich schlechter und kälter werden. Das treibt uns dann doch weiter Richtung Süden und Küste, da dort wenigstens die Temperaturen höher sind. 

Wir wählen unseren Übernachtungsplatz 50 km südlich von Saragossa in Belchite einem Ort in dem in den 1930er Jahren in einem Bürgerkrieg das gesamte Dorf zerstört und die Bevölkerung getötet wurde, Dieses Dorf ist noch genauso zerstört erhalten geblieben und dient als Mahnmal. Man kann das Dorf nur mit einer geführten Tour besichtigen. Wir finden es immer wieder interessant, was man so auf dem Wege noch für spannende aber in diesem Fall auch traurige Geschichten erfährt.