Die 10 Uhr Fähre zu nehmen, war eine gute Entscheidung. Der Sturm hat sich etwas gelegt und es regnete nur noch ab und zu schauerartig. Bis wir aber auf die Fähre fahren konnten, verging allerdings einige Zeit. Immer wieder wurden Papiere, Ausweise etc. kontrolliert. Das Verladen ging dann relativ zügig. Die Überfahrt dauerte ca. 1,5 Stunden. In dieser Zeit stempelte ein Grenzbeamter alle Pässe im Rekord. Das dauerte die gesamte Überfahrt, wobei wir die gesamte Fahrt hinter einer Gruppe Chinesen in der Warteschlange standen. Die Zeit haben wir für ein paar interessante Gespräche mit einigen Mitreisenden nutzen können. Einige von denen haben eine geführte 4-6 wöchige Wohnmobiltour gebucht, während andere, so wie wir, auf eigene Faust das Land erkunden.


Wir kommen gefühlt 2 Stunden später als geplant an und sind froh, dass wir die ganze Prozedur nicht gestern Abend gemacht haben. Wenn das Schiff überhaupt gefahren ist, viele Fähren sind wegen des hohen Seegangs nämlich gar nicht an dem Hafen gekommen, wären wir erst gegen Mitternacht in Marokko angekommen. So ist es uns lieber, so können wir uns nach dem Gruppenröntgen der Fahrzeuge und der Zollabfertigung direkt auf den Weg in das Abenteuer Marokko machen.

Wir schlagen den Weg Richtung Chefchaouen über Tetouan entlang der Mittelmeerküste ein.

Was uns auf der Fahrt auffällt, ist die unglaublich hohe Anzahl der Verkehrskontrollen durch unterschiedliche Polizeiinstanzen. Immer wieder passieren wir verengte Bereiche, an denen Fahrzeuge kontrolliert werden. Wir werden immer sehr höflich durchgewunken. Das Küstendorf Fnideq, in der Nähe der spanischen Enklave Ceuta, wirkt wie ein Hochsicherheitsgebiet. Nach Recherchen habe ich herausgefunden, dass von hieraus immer wieder sogenannte Massenfluchten über die Grenze nach Ceuta stattfinden. Häufig sind es junge Marokkaner, die versuchen illegal nach Spanien zu gelangen. Einige versuchen sogar schwimmend dorthin zu gelangen, was mich ein wenig an einige DDR-Fluchten erinnert. Der Strandabschnitt ist mit Absperrgittern umgeben und gar nicht mehr zugänglich. Um so weiter wir uns von dem Gebiet entfernen, um so weniger offensichtliche Polizeipräsenz gibt es.
Da es schon fast später Nachmittag ist, suchen wir einen bei Park4Night geposteten Parkplatz in der Innenstadt von Tetouan auf. Wir wurschteln uns durch den recht dichten Verkehr mitten durch die Stadt. Es regnet mal wieder und viele Fußgänger versuchen noch ein Taxi oder eine sonstige trockene Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Somit steht auch ständig der Verkehr still, da Leute ein und aussteigen. Na ja, irgendwie schaffen wir uns durch das Gewusel. Nur ist der Parkplatz nicht ganz nach unserem Geschmack. Total schräg und irgendwie nicht sehr einladend, da ziemlich viel Verkehr drumherum fährt. Auch macht es keinen Sinn bei strömendem Regen durch die Stadt zu laufen. Also entscheiden wir uns weiter Richtung Chefchaouen zu fahren. Auf dem Weg dorthin fahren wir an einem Parkplatz vorbei, der etwas einladender ist. Hier steht bereits ein großer 4×4 Wüstentruck, so dass wir uns ihm anschließen können. Es ist ein besseres Gefühl die erste Nacht nicht ganz alleine zu verbringen.

In der Nacht waren wir nicht ganz alleine. Bis um 2 Uhr nachts war reger Betrieb auf dem Parkplatz. Es wurde telefoniert, gequatscht und diskutiert. Für uns interessierte sich Gott sei Dank niemand. Irgendwann war dann Ruhe auf dem Platz und ich konnte dann doch noch ein paar Stündchen schlafen. Ein bisschen aufregend war es schon, obwohl wir das aus anderen Ländern kennen, aber dieses war nunmal die erste Nacht in Marokko.
Am nächsten Morgen scheint endlich mal wieder die Sonne. Nach einem kleinen Schnack mit dem Nachbarn, der mit seiner Frau in diesem Truck seit längerem ausschließlich wohnt und durch die Weltgeschichte reist, fahren wir über eine Nebenstrecke durch den Tallasemtane Nationalpark durch das Riffgebirge. Es ist alles wunderschön grün. Hier gibt es wenig Tourismus, die Dörfer sind sehr einfach und es sind immer wieder Kinder am Straßenrand, die uns zuwinken und wollen, dass wir anhalten, um etwas zu kaufen oder auch etwas von uns zu bekommen. Leider gehen viele Kinder im ländlichen Bereich trotz der Schulpflicht nicht zur Schule, obwohl sie es könnten. Nur sind diese Schulen auf dem Land häufig nur sehr dürftig bis gar nicht ausgestattet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Die Regierung hat es zwar auf dem Zettel, aber die Frage ist, wann und wie.

Gegen Mittag fahren wir in Chefchaouen auf den einzigen Campingplatz. Wir entscheiden uns schnell für einen Platz oberhalb am Ende des Platzes. So haben wir einen guten Blick auf das Geschehen unten, wo sich die größeren Womos Seite an Seite kuscheln.

Am späten Nachmittag gehen wir runter in die alte Medina von Chefchaouen. Ca. 10 Minuten Fußweg über eine Treppe durch einen Park gelangen wir schnell ins blaue Häusermeer und durchstreifen staunend die Souks. Wir sind total geflasht von dem Farbenmeer. Eine Gasse ist schöner als die andere. Unten ein kleine Auswahl.






Nach einer Stärkung an der Kasbah laufen wir noch ein wenig durch die Gassen bis plötzlich eine Sirene heult und der Sonnenuntergang und das Fastenbrechen am Abend mit einem anschließendem Gebet von dem Muezin eingeläutet wird. Es ist sehr lustig zu sehen, wie alle vor ihren gefüllten Tellern und Gläsern sitzen und warten bis sie endlich anfangen können zu essen und zu trinken.

Auf einmal sind alle Gassen leer. Die Geschäfte sind alle geschlossen und der Abend beginnt für die Einheimischen. Im Dunkeln wirkt es noch einmal anders. Wir können uns gar nicht sattsehen an diesem blau.





Wir steigen die 100 Höhenmeter über die Stufen wieder hoch zurück auf unseren Campingplatz. Mittlerweile ist der Platz bis auf den letzten Winkel zugestellt mit Fahrzeugen. Jetzt müssen wir erst einmal die ganzen Eindrücke verarbeiten.
Den nächsten Tag gehen wir langsam an. Die Sonne will so recht nicht rauskommen. Aber das Warten lohnt sich. Gegen 11 Uhr gewinnt sie die Oberhand. Bei strahlendem Sonnenschein umrunden wir heute die Medina und kommen an der Stromschnelle Ras El Maa vorbei. Hier an dem kleinen Wasserfall wird sogar noch von einigen Frauen die Wäsche per Hand gewaschen.

Wir gehen die Straße weiter runter und wir finden immer wieder neue Perspektiven auf die tolle blaue Stadt.



Auf dem Weg zur Neustadt laufen wir immer wieder durch herrlich bunte Wiesen.



In der Neustadt erledigen wir noch ein paar Einkäufe, so dass wir uns heute Abend mal wieder selber verköstigen können. Ein schöner entspannter Tag mit Blick von außen auf die Medina ohne großen Touristenrummel.

Welch ein schöner farbenfroher Start ins uns noch unbekannte orientalische Marokko. Wir freuen uns schon auf weitere Erlebnisse und sind jetzt schon beeindruckt von der Vielfalt des Landes nach nur zwei Tagen.