Als wir uns von Fès verabschieden, sind die Temperaturen leider noch einmal gesunken. Es wird Zeit, dass wir endlich in die Sonne kommen. Dazwischen liegt allerdings das bis knapp über 3500m hohe mittlere Atlasgebirge, welches wir über die gut ausgebaute PN 13 überqueren wollen. Der höchste Punkt des Passes liegt bei 2100m Höhe. Das ist trotz der unbeständigen Wetterlage angeblich gut machbar. Wir kaufen noch einmal ordentlich im Carrefour in Fès ein und fahren Richtung Ifrane Nationalpark über Ifrane bis in die Nähe von Azrou. Diese ca. auf 1500m gelegenen Orte sind im Winter bekannt für ihren Skitourismus, wobei Ifrane besonders noble Hotels und Unterkünfte zu bieten hat. Es ähnelt, wie schon im Reiseführer beschrieben, tatsächlich eher einem Schweizer Skiort als einem marokkanischen. Neben einer weiteren privaten Eliteuniversität gibt es auch Golfresorts und sonstige Aktivitäten, die hauptsächlich reiche Marokkaner und auch Europäer anlockt. Hinter Ifrane biegen wir auf eine Nebenstrecke ab, die durch den Nationalpark verläuft. Und tatsächlich hier sehen wir zwischen den Zederbäumen die ersten Berberaffen. Mit ihrem dicken Fell sind sie gut gegen die Kälte im Winter geschützt. Sie kommen natürlich nur bis zur Straße, da sie gelernt haben, dass sie dort Futter bekommen. Es gibt immer noch einige unbelehrbare Menschen, die diese streng geschützten Tiere mit allem möglichen füttern ohne Rücksicht darauf, dass die Tiere davon krank werden. Wir füttern natürlich nicht, sondern nutzen den Umstand sie aus dem Auto heraus zu fotografieren, was bei diesem useligen Wetter ganz praktisch ist.

Wir treffen auf Reitergruppen, die mit edlen Pferden durch den Schneeregen reiten. Hier sind allerlei Aktivitäten möglich. Wir wären auch noch gerne durch die Zedernwälder gewandert, aber bei dem Wetter macht das leider keine Freude. Wir suchen einen netten kleinen Campingplatz kurz vor Azrou auf, der unser WoMo mit Strom versorgt. Wir schmeißen unsere Heizung an, da die Temperaturen in der Nacht bis unter Null Grad fallen sollen. Besser ist das.
Die Gegend rund um Ifrane und Azrou ist wunderschön grün und wird landwirtschaftlich genutzt. Wir stehen mit unserem Wagen mitten zwischen den Obstbäumen. Der Platz ist sehr einfach, aber hat alles was man benötigt. Ich freue mich auf eine Dusche. Tja, leider wird das warme Wasser nur mit Hilfe von Sonnenenergie aufgeheizt, die im Moment leider ein Totalausfall ist. Das Duscherlebnis ist sehr kurz und a..kalt. Egal, es ist eine Sache der inneren Einstellung. Außerdem weckt das die Lebensgeister.

Am Morgen spreche ich noch kurz mit einem Mitcamper, der gerade vom Süden kommt, um sicher zu sein, dass die Passage über den mittleren Atlas frei ist. Sicher ist sicher. Aber alles kein Problem. Auf dem Weg zur Passtraße sehen wir noch weitere Berberaffen. 50 % der Population lebt hier in den Bergen.
Um so höher wir kommen, um so weißer wird es. Die ersten Schneeräumfahrzeuge kommen uns entgegen, aber die Straßen sind frei.

Sobald wir auf der Südseite des Gebirges sind, ändert sich das Wetter und die Sonne kommt endlich raus. Der Bewuchs wird immer karger. In Midelt halten wir noch einmal an einem Supermarkt an, um die letzten Vorräte aufzustocken, unser Ziel ist es schließlich 2 bis 3 Tage autark am Rande der Wüste zu verbringen. Auf dem Parkplatz ist eine Frau mit mehreren kleinen Kindern, die uns ansprechen, um uns um Geld zu bitten. Das kommt leider hier des öfteren vor. Wir ignorieren sie und gehen in den Markt. Der Securitymann vom Geschäft spricht uns daraufhin an. Als wir zurück sind, steht auf mal die Polizei vor der Tür. Der Wachmann hat Bescheid gegeben und es ist direkt ein Wagen zu unserer Sicherheit gekommen. Was die Frau allerdings nicht unbedingt vertrieben hat. Sie hat uns als die Polizei weg war, erneut angebettelt.
Nachdem wir die zweite Passhöhe überwunden haben, kehren wir in einer kleinen Gîte zwischen Rich und Errachdia ein. Hier dürfen wir mit einem wunderschönen Ausblick auf die Zizschlucht und einer Palmenoase unser WoMo auf deren Grundstück parken. Abends kommen zum Abendessen und übernachten noch zwei weitere Autos hinzu. Es ist wunderbar ruhig und friedlich hier. Ein super Ort zum runterkommen.


Durch den Fluss, der im Moment durch den Regen auch Wasser führt, gibt es entlang des Ufers durchgehend Palmen und durch Bewässerungssysteme fruchtbares Land. Weiter südlich wird der Oued Ziz aufgestaut. Wie man sieht ist der Stausee gut gefüllt.

Bis nach Merzouga ist es nicht mehr all zu weit. Jetzt noch einmal tanken und dann ab in die Düne. Warum erwähne ich das Tanken noch einmal explizit? An dieser Tankstelle in dem kleinem Dorf Er-Rachidia konnten wir sogar mit dem Handy per Apple Pay bezahlen. Oh, Wunder und das mitten im Nirgendwo.

Links und rechts des Weges reiht sich ein Fossiliengeschäft bzw.
-ausstellung an das Nächste. Fast auf jedem zweiten Stein, den man hier umdreht kann man irgendwelche vorzeitlichen Abdrücke erkennen. Natürlich kann man damit auch Geschäfte machen. Uns ist nicht so nach toten Steinen, sondern wir möchten endlich den Sand zwischen unseren Füssen und Reifen haben. Wir wählen die etwas kleinere Straße etwas östlich, die direkt entlang der großen Sanddüne Erg Chebbie verläuft. Hier biegen wir frühzeitig in einen der vorgespurten Sand- und Schotterwege ab, in der Hoffnung einen schönen Platz in den Dünen ganz für uns zu haben. Wir wissen, rund um Merzouga ist viel los. Die meisten besseren Hotels befinden sich bereits in Arfoud oder Rissani. Von hier aus werden die Wüstentouristen dann zur Sanddüne gebracht. Das Highlight für viele Touristen sind die 4×4 Touren mit dem Auto oder als Selbstfahrer mit dem Quad oder Buggy. Damit cruisen sie durch die schöne Dünenlandschaft. Das Problem sind nicht einzelne Fahrzeuge sondern die Masse an Leuten, die das wollen und die Anbieter ziehen mit. Dann sind mir die Leute, die eine Kameltour zu den Beduinenzelten machen deutlich lieber.
Der Platz den wir uns mit Hilfe von P4Night ausgeguckt haben, ist bereits von einem großen 4×4 Truck belegt. Wir fahren erst einmal weiter und parkieren neben einem Akazienbaum. Stühle raus und erst einmal staunen.




Wir haben das Gefühl als wenn vor uns ein Kinofilm abläuft. Es ist noch alles so unwirklich für uns. Auf diesen Moment haben wir uns jahrelang gefreut und jetzt sind wir angekommen.
Lange bleiben wir nicht alleine. Wie in der Stellplatz App immer wieder beschrieben, kommen nach einer Weile Einheimische mit ihrem Moped vorbei und wollen einem alles mögliche verkaufen. Von allen Aktivitäten in den Sanddünen bis hin zu Schmuck, Tüchern, Geschirr usw.. Alle beide, die uns aufsuchen, sprechen sogar recht gut deutsch. Sie geben sich wirklich große Mühe, aber wir bleiben hart und wimmeln sie so freundlich wie möglich erfolgreich ab. Wir beschließen auf den anderen Platz, an dem bereits schon der Wüstentruck steht, zurück zu fahren, denn hier stehen wir etwas zu nah an der Piste. Ok, Bernd setzt kurz zurück, schlägt das Lenkrad ein und will weiterfahren und nix geht mehr. Mmh, wir haben uns doch nicht schon festgefahren? Hilft ja nicht, Schaufel raus und Keile untergelegt und mit dem richtigen Gang und Sperrdifferenzial eingelegt, geht es wieder raus aus dem Sand. Puh, man steckt schneller fest als man denkt.
OK, beim nächsten Mal vielleicht etwas Luft aus den Reifen lassen, dann klappt’s mit Sicherheit besser.

Den Platz fahren wir dann problemlos an und wir finden noch ein lauschiges Eckchen zwischen den Dünen, so dass man die Nachbarn, gar nicht sieht. Ein Pärchen mit Kind und zwei Hunden aus den Niederlanden stehen bereits seit einer Nacht hier und sind genauso wie wir, das erste Mal mit dem Fahrzeug in der Wüste. Außerdem ist es auch ganz beruhigend nicht ganz alleine zu stehen.

Es ist noch recht frisch und nach einer kleinen Erkundungstour auf die Dünen verkriechen wir uns ins Auto, denn am Horizont tauchen dunkle Wolken auf. Das gibt es gar nicht, schon wieder Regen. Diesmal wird das Gewitter von einem kleinen Sandsturm begleitet. Wir machen erst einmal alle Schotten dicht. Es bläst gewaltig und wir sehen keine Düne mehr vor lauter Staub.


Also die Farben, die der Sand bei untergehender Sonne annimmt, ist schon beeindruckend. Einfach toll. Man kann sich gar nicht sattsehen. Nach jeder Minute ändern sich die Farben.
Die Nacht ist so etwas von ruhig. Am nächsten Morgen scheint endlich die Sonne ohne jegliche Einschränkung. Keine Wolke, kein Nebel, einfach nur blauer Himmel. Wow. So haben wir es uns vorgestellt. Diesen Tag werden wir hier in vollen Zügen genießen. Etwas durch die Dünen stromern und faulenzend die Gegend betrachten. Herrlich. Hier eine Auswahl unserer Lieblingsmotive.







Und dann kam an diesem Abend der Sonnenuntergang ohne vorheriges Gewitter.




Jetzt freuen wir uns noch auf den Nachthimmel. Welch ein Naturschauspiel am Rande der großen Saharawüste.
Am nächsten Morgen verlassen wir diesen traumhaften Ort. Wir fahren immer entlang der Sanddüne über die unbefestigte Nebenpiste. Es gibt einige Sandverwehungen, so dass Bernd die Stücke mit etwas mehr Schwung durchfährt. Das klappt auch gut bis dann ein etwas buckeliges Stück darunter ist und unser Husky ein wenig abhebt und wir uns erschrocken anschauen und beten: Hoffentlich ist das gut gegangen. Nach anschließender genauerer Sichtinspektion scheint unser Ford doch hart im nehmen zu sein und wir erleichtert weiterfahren können. In der Kabine war allerdings ein etwas größeres Chaos. Alles ist einmal hochgehüpft und hat sich irgendwo im Auto verteilt. Bis auf zwei Gläser ist alles heile geblieben. Das war uns eine Lehre. Immer schön langsam, wenn man nicht weiß was kommt.
Kurz vor Merzouga steuern wir den kleinen See am Rande der Stadt an. Man fährt in wenig über eine relativ entspannte Gravelpiste und kann dann bis runter zum See fahren. Die Flamingos konnte wir gegen die mittlerweile etwas wärmer gewordenen Luft nur als eine rosa Wolke erkennen. Dann höre und sehe ich noch einige Rostgänse und einen Stelzenläufer, erkennbar an seinen langen roten Beinen und einem schwarzen Rücken.

Zum Übernachten ist es uns hier zu exponiert und es kommen immer wieder Leute vorbei, die nur einmal schauen, so wie wir und dann wieder fahren. Also beschließen wir bis zum allerletzten Dorf und bis zum Ende der asphaltierten Straße und dann noch 6 km weiter zu fahren, um dort in einem Camp zu übernachten. Unterwegs kommen wir an den verschiedensten Restaurants, Hotels und sonstigen Touristenangeboten vorbei. Man kann auf Pferden und Kamelen reiten, Quads, Motorräder und 4x4Autos leihen, bzw. sie inclusive Fahrer buchen. Merzouga mit der Erg Chebbie ist der Touristenhotspot schlechthin in Marokko. Aber wovon sollen die Leute leben, wenn ihnen hier regelgerecht das Wasser abgegraben wird. Aber dazu später mehr. Wir haben Glück und im März und dazu noch während des Ramadans gibt es nur wenige Touristen. Ein paar wenige Wohnmobile, aber die sehen wir fast gar nicht, da sie wahrscheinlich alle hinter den Mauern der Kasbahs verborgen stehen. Jedesmal, wenn wir, warum auch immer, kurz anhalten, werden wir sofort eingeladen doch auf ein Camp zu fahren oder sonstige Attraktionen wahrzunehmen. Anla shukran, was soviel wie nein, Danke bedeutet.

Kurz bevor wir die asphaltierte Piste verlassen und auf die unbefestigte alte Paris Dakarpiste kommen und langsamer werden, steht schon der nächste Touristenfänger auf der Straße und möchte uns in sein Camp einladen. Wir bleiben hart und fahren, wie wir es uns vorgenommen haben, bis zur großen Sanddüne bei Oazina. Hier sieht erst einmal alles wie ausgestorben aus. Vor der Kasbah steht ein Berberzelt mit verschiedenen Sitzgelegenheiten und Feuerstelle. Nachdem wir auf den Hof gefahren sind, kommt dann doch jemand und begrüßt uns. Wir können erst einmal auf dem für Wohnmobile vorgesehenen Parkplatz parken. Wir sind hier tatsächlich die einzigen WoMo-Gäste. In der Herberge scheinen noch einige Franzosen mit ihren Offroad-PKWs zu wohnen.
Nach dem Einchecken, gibt es erst einmal einen Willkommenstee. Die Kasbahs rein aus Lehm und Stroh gebaut, haben schon ihr besonderes Flair. Der Aufenthaltsraum ist durchaus für schätzungsweise 60 Leute eingerichtet. Hier muss schon mal mehr los sein.
Der Platz direkt an der Düne ist wirklich total idyllisch und es ist absolut ruhig. Nur gegen Abend kommt ein junger Motorradfahrer und fährt die Düne hinauf und viel später fast nach Sonnenuntergang kommt die restliche Truppe von der Düne runter, wo auch immer sie herkommen. Das Licht und die Abendstimmung ist wirklich phänomenal. Hinter der orangegelben Düne heben sich die schwarzen Berge ab. Das ist noch ein mal anders als bei der Erg Chebbie.




Abends wurden nur für uns die Duschen mit einem Holzofen angeheizt, so dass wir sogar dieses Mal ganz komfortabel richtig heiß duschen konnten. Dieser Ausflug bis hierher hat sich auf jeden Fall gelohnt. Am Morgen konnte ich noch ganz in Ruhe meine Yogastunde in den Dünen abhalten. Wunderbar.

Heute geht es weiter wieder Richtung Norden, ein Stückchen wieder in die Richtung von der wir gekommen sind. Wir möchten noch etwas mehr über die Geschichte der offensichtlich sehr ausgetrockneten und abgestorbenen Dattelpalmen im Drâa-Tafilalet erfahren. Zunächst organisieren wir in Arfoud noch einige Lebensmittel an der Straße und fahren dann weiter bis kurz hinter Fezna. Dort findet man auf einer großen trockenen Fläche ganz viele Erdhaufen. Dieses sind die alten Artesischen Brunnen mit dem unterirdischen Kanälen, den Khetteras. Das Bewässerungssystem diente dazu das Wasser aus dem Atlasgebirge bis nach Merzouga zu leiten. Dieses System ist schon Jahrhunderte alt, aber seit langer Zeit nicht mehr wasserführend und funktionstüchtig, zumindest hier in dieser Region nicht. Denn durch die neue Landwirtschaft und die Bewässerung von Melonenfeldern und Avokadoplantagen, die extrem viel Wasser benötigen, ist der Grundwasserspiegel so gesunken, dass die alten und bewährten Bewässerungssysteme, auch die für die Dattelpalmenoasen, kein Wasser mehr führen. Deshalb sind viele der Plantagen vernichtet worden. Dabei benötigen die hier heimischen Palmen gar nicht viel Wasser.

Immer noch in der Erwartung an eine noch schöne Oase zu kommen, fahren wir den Campingplatz in Meski an, der direkt an der blauen Quelle mit einem natürlichem Pool und heiligen Fischen liegen soll. Tja, leider ist das Schicksal dasselbe wie in den anderen anderen Oasen auch, die Quelle ist versiegt.

Die Palmen stehen noch und sind dank einiger kräftigeren Regenfälle im letzten Jahr einigermaßen grün. Der Platz ist schön schattig und man bekommt einen wirklich ein gutes rundum Paket, wenn man möchte.


Wir entscheiden uns hier noch einen Tag länger zu bleiben, da wir hier unsere Wäsche waschen lassen können, für einen Preis, den wir selber bestimmen. Dazu gibt es eine hervorragende Tajine, die uns direkt ans WoMo gebracht wurde. Natürlich möchte man hier auch etwas verkaufen, bzw. tauschen. Nach der allabendlichen Teezeremonie haben wir dann eine schöne handgewebte große Berberdecke und einen Schal gegen Geld und einige Medikamente getauscht.


Am Tag haben wir ein wenig die Gegend erkundet. Wir sind zu einer sehr alten ziemlich verfallenen Kasbahruine gelaufen. Von oben hat man einen herrlichen Blick auf die tiefer gelegene Dattelpalmen-Oase von Meski. Bernd ist sehr mutig und hangelt sich durch das alte zerfallene Gemäuer und ich hinterher. Bei uns wäre hier alles wegen Einsturzgefahr abgesperrt gewesen. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht und es ist alles gut gegangen.




