Mittelportugal – Von großen Surfwellen rund um Nazaré über mittelalterliche Städte zurück zur Küste nach Aveiro dem Venedig Portugals

Nach zwei intensiven Tagen in der Hauptstadt Lissabon wollen wir uns ein paar entspannte Tage am Strand gönnen. Knapp unterhalb von Ericeira gibt es traumhafte Strände und immer eine gute Dünung, was uns zwar herzlich egal ist, aber den Surfern sehr gelegen kommt. Wir finden einen Parkplatz auf dem man ohne Probleme fast direkt am Strand kostenlos übernachten kann. Das wissen natürlich auch andere Camper, daher sind wir natürlich nicht alleine. Aber es ist reichlich Platz für alle, die dort bis um Mitternacht nach und nach eintrudeln. Es passen sogar die großen 4×4 Trucks auf den Platz, so dass es eine kunterbunte Mischung von Campern wird. Obwohl der Parkplatz in der Nacht gut mit Gästen gefüllt ist, geht es sehr ruhig und gelassen zu.

Hier kann man mal lässig die Beine hochlegen und genießen. Na ja, so ganz stimmt das nicht. Wir erkunden auf einer kleinen Wanderung rund um die Bucht die Gegend. Entlang einer kleinen Kapelle geht es über die vorgelagerten Felsen entlang des Rio Lizandro über ein kleines Gipfelkreuz zurück zu unserer Bucht.

Nach zwei Tagen verlassen wir die zwanglose Campinggemeinschaft und rollen Richtung Nazaré, dem Ort, wo es weltweit die höchsten Wellen gibt, allerdings nicht zur jetzigen Jahreszeit. Die meisten Stürme sind bis März durchgezogen und somit auch die Profisurfer.

Vorher machen wir noch einen kleinen Zwischenstopp auf einen Kaffee auf dem Kap von Peniche. Von hier aus sieht man die vorgelagerten Berlenga Inseln. Ca. 13 km vor dem Kap sind sie gut zu erkennen. Man kann die größte Insel mit einer Schnellfähre erreichen.

Mit direktem Blick vom Kaffeetisch auf die Berlenga Inseln

Auf diesem Landzipfel gibt es einige mögliche wilde Stellplätze, aber der Nachteil ist, dass es auf den Klippen fast immer sehr windig ist, so dass man schon einen guten Schlaf haben muss, um hier zu nächtigen. Wir haben uns schon einen Platz in der kleinen mittelalterlichen Stadt Obidos ausgesucht. Der Stellplatz der Gemeinde liegt ein wenig außerhalb der Stadtmauern und kostet uns einen kleinen Betrag von 6,-€, was bei der Lage völlig ok ist. Womit wir nicht gerechnet haben ist der gewaltige Andrang auf diese kleine Stadt. Der Grund ist eine Gamer-Messe. Viele Familien zieht es mit ihren Sprößlingen zur Burg, in der das ganze Spektakel stattfindet. Der WoMo-Platz ist davon Gott sei Dank nicht betroffen, so dass wir noch einen schönen Platz fast im Grünen finden.

Auch sind die eigentlichen touristischen Sehenswürdigkeiten wie z.B. die Stadtmauer, auf der man einmal komplett herumspazieren kann, nicht so frequentiert.

Der Vergleich mit Rothenburg passt vielleicht vom Alter und der gut erhaltenen Stadtmauer her, aber Obidos ist bedeutend kleiner. Interessant ist eine Kirche, die wir besuchen. Hier befindet sich mittlerweile eine Bücherei drin. Büchersammlungen gibt es in Obidos in großer Anzahl in kleinen individuell gestalteten Geschäften. Wir gehen an der langen Schlange der Menschen vorbei, die auf den Einlass in die Burg warten und machen es uns in einem Café und anschließend in einem Restaurant gemütlich.

Die Nacht verbringen wir auf dem WoMo-Stellplatz und fahren morgens weiter nach Nazaré rein. Wir sind gespannt auf die großen Monsterwellen. Bevor wir den Strand erreichen, müssen wir erst einmal hoch auf die Klippe steigen, in die Oberstadt von Nazaré, um dann wieder runter zum Leuchtturm zu laufen. Von hier aus hat man den besten Ausblick auf den Surfspott.

Die Profisurfer schaffen es nur im Team mit Jetskifahrer und Rettungsbooten die Wellen zu surfen, alles andere ist zu gefährlich. Die Wellen sind so schnell, dass sie von den Jets in die Welle gezogen werden und im Notfall wieder herausgefischt werden können. Der Rekord liegt bei ca 30m Welle, was auch nicht so leicht nachzuweisen ist. Also alles sehr aufwendig. Heute finden wir keinen einzigen Surfer. Wahrscheinlich lohnt sich der Aufwand nicht bei so wenig Wellengang. Also baden darf hier trotzdem keiner. Die Lifeguards passen gut auf, dass keiner den Wellen zu nahe kommt. Nazaré hat uns wirklich gut gefallen, aber die Übernachtungsoption auf dem Parkplatz auf dem wir stehen ist nicht sonderlich gut. Alles ist schief und mitten in der Stadt ist es auch nicht besonders leise, also machen wir uns auf nach Tomar, einer weiteren schönen alten Stadt mit einer Burganlage und einem Kloster mit Weltkulturerbe Status.

In Tomar fahren wir auf einen ehemaligen Campingplatz, der jetzt ein unbewirtschafteter WoMo-Stellplatz ist. Die Natur hat sich den Platz zum Teil bereits zurückerobert. Das Gras steht hoch und es sieht herrlich wild und grün aus. Der Müll wird regelmäßig abgeholt und ansonsten gibt es bis auf die übliche V/E Station mit Frischwasser und Abwasserentsorgung keinen weiteren Service, aber er ist kostenlos und direkt in der Nähe der Altstadt. Wir lieben es genau so. Es ist schon spät und wir suchen uns ein Restaurant in der Stadt, denn heute ist unser Hochzeitstag, da soll es etwas besonderes sein. Tomar hat da eine ganz gute Auswahl und in dem Lokal in dem wir essen gehen, haben wir es gut angetroffen. Es ist ein schöner Abend. Heute Nacht singt uns eine Nachtigall in den Schlaf, ansonsten hören wir von der Stadt nichts.

Am nächsten morgen gehen wir hoch auf den Klosterberg. Der Templerorden errichtete die Klosterburg, die heute von vielen Touristen besucht wird. Wir wollen aber gar nicht hinein, uns reicht es das Gelände von außen zu erkunden. Man kann durch den verwilderten Garten laufen und sogar auf der Wehrmauer herumlaufen. So haben wir einen guten Blick auf die Anlage und auch eine schöne Sicht auf dei Altstadt von Tomar.

Nach dem ausgiebigen Rundgang geht es wieder runter in die Altstadt und dann zu unserem WoMo. Wir machen einmal das volle Ver-und Entsorgungsprogramm und weiter geht es Richtung Norden. Im Blick haben wir einen wilden Platz direkt an einem Stausee. Die erste Anlaufstelle halten wir nicht für geeignet. Drumherum stehen einige Häuser, so dass wir ungern in deren direkten Umgebung stehen möchten. Der zweite Anlauf klappt. Ein Autofahrer macht uns sogar extra Platz, damit wir unser WoMo gut platzieren können. Wir stehen jetzt direkt am Wasser mit Blick auf das kleine Dorf Dornes.

Stellplatz am Rio Zezere

Abends gesellt sich noch eine junge Frau mit ihrem Hund in einem Auto dazu und noch später kommt noch ein Transporter. Für den kleinen Platz ist es meines Erachtens die Maximalbesetzung. Aber alles bleibt ruhig und friedlich. Die Nacht ist sehr frisch, so dass am nächsten Morgen einige Nebelschwaden über dem Stausee hängen.

Heute wage ich es wieder einmal ein Bad im Fluss zu nehmen. Das Wasser ist mindestens so warm/ kalt wie die Luft, wunderbar. So kann der Tag beginnen, denn heute haben wir einiges geplant. Wir fahren nach Coimbra, die Stadt mit der ältesten und bedeutenden Universität des Landes. Für die alte Bibliothek mussten wir uns sogar im Vorfeld Tickets online buchen, um ein Chance auf eine Besichtigung zu haben. Gegen frühen Mittag treffen wir in Coimbra ein. Auf der gegenüberliegenden Flussseite finden wir einen guten Platz für unser WoMo und wir machen uns auf, die Stadt zu erkunden, denn den Termin in der Bibliothek haben wir erst um 17 Uhr. Vorher streifen wir durch die verwinkelte Altstadt, die sehr lebhaft und von vielen jungen Leuten, wahrscheinlich viele Studenten darunter, aber auch einigen Touristen gut besucht ist.

Immer wieder finden wir in den unterschiedlichsten Städten Läden in denen man Sardinenbüchsen von Jahrgang 1942 bis heute findet. Anscheinend haben sie Sammlerwert. Büchsen aus unseren Jahrgängen kosten um die 9 – 15,-€. Ein netter Gag, uns reicht ein Foto.

Sardinenbüchsen von verschiedenen Jahrgängen

Ansonsten gibt es wieder die typische süße Leckerei. In Coimbra ist es Pastel de tentugal. Eine Köstlichkeit mit ganz vielen Eiern und Mandeln und hauchzartem Filouteig. Natürlich kaufen wir sie und genießen sie zum Kaffee. Übrig bleibt jeweils viel Eiweiß, welches dann zu anderen Leckereien verarbeitet wird.

Resteverwertung?? Sieht aber gut aus dafür.

Oben auf dem Universitätshügel orientieren wir uns erst einmal, damit wir auch den Zeitpunkt der Besichtigung nicht verpassen. Neben der Bibliothek befindet sich direkt die Capela de São Miguel. Wir haben Glück und wir sind zunächst fast alleine in der Kapelle. Umwerfend, aber ein wenig überdimensioniert ist die Orgel, die eigentlich für einen etwas größeren Bau gedacht war.

Orgel in der Capela de São Miguel

Ansonsten ist die Kapelle sehr reich verziert und mit den typischen Fliesen ausgestattet.

Altar Capela de São Miguel

Die Kapelle wird wie man sieht, noch regelmäßig genutzt und kann auch von Mitgliedern der Universität z.B. für Hochzeiten gebucht werden.

Weiter haben wir den königlichen Palast besichtigt, in dem sich ein großer Festsaal befindet, in dem dann die Studenten feierlich verabschiedet werden, wenn sie ihr Examen oder ihren Abschluss gemacht haben.

Weiter gehts in den Naturwissenschaftlichen Räumen, wo die historische Einrichtungen und deren Utensilien gezeigt werden.

Auf dem Weg von den naturwissenschaftlichen Instituten spazieren wir noch kurz durch den botanischen Garten, wo wir allerdings bis auf ein schöne Sammlung verschiedener exotischer Farne und Moose und einem großen Bambuswald nichts außergewöhnliches entdecken konnten. Pünktlich erreichen wir auf ein paar Umwegen den Eingang der alten Bibliothek. Kurz nach unserem Eintreffen versammelt sich nach uns auch noch eine Gruppe asiatischer Touristen. Der Einlass in die Räumlichkeiten erfolgt im 20 Minuten-Takt. Es dürfen 50 Personen gleichzeitig in die heiligen Hallen. Im unteren Bereich befindet sich ein Gefängnis mit zwei kleinen Zellen und einer etwas größeren. Früher durften Universitäten selber Recht sprechen und auch bestrafen. In der nächsten Etage befinden sich einige Regale und auch Bücher, aber die Räumlichkeiten sind sehr schlicht. Wir sind schon etwas enttäuscht, aber der große prunkvolle Saal mit den vielen alten Büchern befindet sich in der Etage darüber. Ab hier ist absolutes Fotografierverbot. Es wird auch penibel darauf geachtet. Für die Asiaten ist es eine große Herausforderung kann ich mir Vorstellen, da sie sonst vor allem und jedem posieren und sich fotografieren lassen.

Aquädukt auf dem Weg zum botanischen Garten
Universitätsinnenhof in Coimbra

Sehr interessant fand ich, dass in den Hallen der Bibliothek extra eine Fledermauskolonie gehalten wird, damit diese mögliche Insekten vertilgen. Ich hoffe, dass sie dabei nicht verhungern. Ansonsten ist die Bibliothek wirklich prachtvoll und sehenswert. Nach 10 Minuten in dem Saal ist der Spaß vorbei und alle müssen wieder raus.

Für uns ist der Tag auch fast zu Ende, aber wir müssen uns ein paar Kilometer fahren, um einen Parkplatz in der Nähe eines tollen Waldes zu erreichen, den wir morgen erkunden wollen. Die Fahrt führt über eine schmale ziemlich zugewachsene Straße. Mittlerweile haben wir uns auf eine Höhe von 450m hochgewunden, die Temperaturen sind mittlerweile auch schon recht frisch. Auf dem Parkplatz angekommen, sind wir tatsächlich seit langem mal wieder das einzige Fahrzeug. Die ganze Nacht sehen und hören wir keinen Menschen.

Wunderbar erholt von der frischen und ruhigen Nacht erkunden wir morgens den besonderen Nationalwald Mata do Buçaco. Hier wurden im Laufe der Jahrhunderte von den Barfüßigen Karmeliten mehr als 700 verschiedene Baum- und Pflanzenarten gepflanzt. Auch gibt es hier eine Sammlung von ca. 180 Kamelien, die insbesondere bei aristokratischen Sammlern sehr beliebt waren. Im Zentrum des mit einer hohen Steinmauer umfassten Gebietes steht ein großer Palast, der von dem letzten portugiesischen König erbaut wurde und heute ein Luxushotel ist. Wer mit dem Auto in den Park möchte, zahlt 15,-€ Eintritt. Zu Fuß lässt man uns an der Schranke kostenlos passieren. Wir laufen über gut angelegte Wege hoch bis zu einem Aussichtspunkt, von dem wir einen fantastischen Blick auf den ehemaligen Königspalast haben.

Nach zwei Stunden kehren wir zu unserem WoMo zurück und treten die Fahrt wieder Richtung Küste an. Aveiro eine Stadt an einer Lagune, die für Portugal einen wichtigen Wirtschaftsstandort darstellt. Hier sieht es ein wenig aus wie in Venedig. Große breite Grachten durchziehen den Ort. Für Touristen werden mit bunten Kähnen Fahrten durch die Kanäle angeboten. Wir laufen ein wenig durch die Altstadt und verweilen ein wenig an einen der Kanäle und schauen dem Treiben aus der Ferne zu. Unser WoMo haben wir auf einem WoMo-Parkplatz abgestellt. Hier stehen auch die ganzen großen Reisebusse, die die Tagesgäste bringen.

Für heute reicht es an Input. Wir fahren 15 km weiter in einen kleinen Ort direkt zwischen Bodden und Meer auf einer Landzunge. Hier dürfen wir direkt hinter der Düne etwas außerhalb des Ortes frei stehen bleiben und übernachten. Es stehen noch einige weitere Wohnmobile mit uns auf dem Parkplatz.

Düne hinter Costa Nova

Costa Nova und seine pittoresken gestreiften Häuser schauen wir uns am nächsten Tag beim Gang entlang des Dorfes an. Die Streifen sind entweder gemalt oder mit Fliesen auf die Häuser gebracht. Die Farbenvielfalt ist groß.

In der Markthalle bekommen wir alles an frischen Lebensmitteln, die wir noch benötigen. Am Wurst- und Käsestand probieren wir uns erst einmal durch die angepriesene Ware. So macht man Geschäfte. Wenn es aber doch so lecker ist, uns kann es nur Recht sein.

Jetzt müssen wir uns leider schon von der portugiesischen Küste verabschieden. Unsere Zeit in Portugal ist fast vorbei und wir müssen langsam den Weg Richtung Nordosten antreten. Dafür wählen wir die Route entlang der N222 durch das Duoro-Tal. Unser Ziel ist heute wenigstens bis zum Rio Duoro auf diese kleine Panoramastraße zu gelangen.

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