Der Park ist der älteste und zweitgrößte Nationalpark Litauens in der Nähe der weißrussischen Grenze. Hier gibt es viele gutmarkierte Wanderwege und eine gute Infrastruktur zum Kanuwandern. Flip und Flop sollen hier jetzt endlich zum Einsatz kommen. Unser erster Anlaufpunkt ist das Informationszentrum des Nationalparks in Paluse. Mit einer Übersicht über die möglichen Kanurouten und den Zeltplätzen in der Hand erkunden wir erst einmal den kleinen Ort.
Die graue Holzkirche fällt direkt ins Auge und steht besonders malerisch auf einer kleinen Anhöhe. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den angrenzenden See. Links ist der Glockenturm, der in Litauen häufig einfach daneben steht.
Nach dem wir uns erste einmal mit leckerem Räucherfisch von einem der hiesigen Fischer versorgt haben, schlagen wir unser Lager auf dem freien Zeltplatz direkt am See auf. Für unser WoMo ist dort genügend Platz und in der Woche ist in der Regel nicht viel los. So auch heute. Nach einem kräftigem Gewitterschauer sind auch die letzten Sonntagsgäste abgereist und wir haben den Platz fast für uns alleine.
Erst einmal den schönen Stellplatz genießen.
Jetzt heißt es für die nächsten drei Tage die Ausrüstung zusammenstellen und natürlich den Proviant, denn unterwegs gibt es so gut wie keine Möglichkeit einkaufen zu gehen. Die Zeltplätze sind an abgeschiedenen Orten irgendwo im Wald gelegen und es gibt hier lediglich ein Plumpsklo und eine Feuerstelle, also nur Basic Facilities.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne und ja, wir haben alles unter Deck verstauen können.
Bei der Planung fällt Bernd auf, dass es bei der uns empfohlenen 30 km Rundtour einen Abschnitt gibt, der 1,5 km über Land zu bewerkstelligen ist. Wir entscheiden uns bis zu der Stelle zu paddeln und dann wieder umzukehren. Die Quelle,die dort frisches Wasser spendet, wollen wir später mit dem Womo aufsuchen, um den Frischwassertank wieder aufzufüllen. Zunächst durchqueren wir den See und paddeln Richtung Nordwesten nach Ladakalnis dem bekanntesten Aussichtspunkt im Nationalpark. Wir steigen den Hügel hoch und sind ein wenig enttäuscht. Man sieht nicht wirklich weit und das Wetter ist auch ein wenig grau. Das wirkliche Highlight ist der sensationelle Räucherfisch, den wir genüßlich mit dem etwas süßlichem Brot verputzen. Jetzt sind es nur noch 2 Kilometer bis zu unserem anvisiertem Zeltplatz in der Nähe des Ginuciai Burghügels in Papiliakalne.
Wir sind tatsächlich ganz alleine auf dem sehr geräumigen Lagerplatz.
Während Bernd anfängt unser Abendessen zuzubereiten, mache ich mich auf den Weg zu einem richtig hohen Aussichtsturm.
Ein öffentlich zugänglicher Funkturm mit Aussichtsplattform. Allerdings muss man schwindelfrei sein.Ganz schön hoch, aber dafür gibt es hier…eine wirklich tolle Aussicht auf den Nationalpark. Die Mühe hat sich gelohnt.Und Bernds Mühe allerdings auch. Nudeln mit Ratatouille 😋
Am zweiten Tag geht es immer wieder durch kleine Seen, die durch enge Fließe miteinander verbunden sind. Etwas mühsam geht es gegen die Strömung. Wir müssen an einigen flachen Stellen aussteigen und unsere Kajaks treideln. Das Wasser in den Fließen ist so klar, dass man das Gefühl hat, man schaut in ein Aquarium. Ich konnte sogar einen etwas größeren Hecht in Lauerstellung beobachten. Zwischendurch sah es ein wenig wie im Spreewald aus, nur nicht so duster. Unsere Mittagspause machten wir an der Wassermühle Ginuciai
Die einzige noch aktive Wassermühle ist heute ein technisches Denkmal.
Nach ca. 15 Kilometern, teilweise gegen die Strömung, waren wir froh einen tollen Lagerplatz für die Nacht gefunden zu haben.
Wieder ganz alleine und mit perfekter Aussicht.Das Beste morgens ist das erfrischende Bad.
Heute geht es in einem Stepp ca. 16 Kilometer zurück zu unserem Ausgangsort Paluse. Bei perfektem Wetter und ohne Wind ist die Strecke, diesmal mit der Strömung, kein Problem.
Unser Basiscamp in Paluse schon in Sichtweite.Glücklich und ein bisschen erschöpft zurück.
Das Nemunasdelta erreichen wir über eine landschaftlich schöne Nebenstrecke immer entlang des Flusses Nemunas. Hier könnte man alle 10 Kilometer eine Burg besichtigen, wenn man mag. Uns reicht der Blick im Vorbeifahren. Gegen Abend erreichen wir unseren anvisierten Platz. Bis auf ein paar Spaziergänger stört uns heute Abend keiner. Vom Nationalpark wurden hier Parzellen mit Hecken hergerichtet, was zunächst etwas spießig daherkommt, entpuppt sich aber für die Nacht als ein super Windschutz. In der Pakalne, einem Seitenarm des Nemunas, konnte ich am nächsten Tag sogar schwimmen gehen. Den Tag haben wir in der Natur genossen und einen kleinen Spaziergang entlang des Naturlehrpfades gemacht. Die Ruhe tat nach den touristischen Highlights der letzten Tage gut.
Passt perfekt.Adlerhorst mit Leiter (Teil des Naturlehrpfades)
Ausgeruht fahren wir am nächsten Tag über Rusne und Silute an das Haff nach Vente, um die Vogelwarte zu besichtigen. Das war natürlich mein Wunsch, aber vorher gab es in den anderen Orten noch etwas über die Geschichte der Gegend zu erfahren.
Der Nemunas in Rusne. Hier kann man einen interessanten Spaziergang entlang der Uferpromenade machen und kommtan diesem Gefährt vorbei. Es fungiert heute noch als Transportmittel bei Überschwemmungen, welche in dem Delta sehr häufig vorkommen.Von hier aus blickt man direkt auf die Uferseite der Exklave Kaliningrad.
In Silute waren wir lediglich einkaufen. Hier gibt es eine lange Straße mit etlichen Geschäften und auch einen Bäcker mit leckereren frischen Teigtaschen. Köstlich. Weiter geht es entlang eines riesigen Torfabbaugebietes. Daneben, wie zum Hohn, ein Naturlehrpfad durch das „noch“ bestehende Moorgebiet. Das Baltikum ist mit seinen vielen Moorgebieten Hauptexporteur von Torf für alle Länder der EU, insbesondere für die Gemüseplantagen Spaniens.
In Vente besuchen wir das Museum der dazugehörigen Vogelwarte. Ich bin total begeistert. Die Ausstellung ist toll mit vielen gut erhaltenen Exponaten und entsprechenden Erläuterungen dazu. Genau passend für mein Biologenherz.
Eine ziemlich große Vogelfalle. Hier werden sie erst beringt, gemessen und anschließend wieder freigelassen. Alles im Sinne der Wissenschaft.
Die Nacht verbringen wir dann in der Nähe dieser Station auf einem Womoplatz, von dem wir am nächsten Morgen mit einem kleinen Touristenboot über das Haff auf die Kurische Nehrung nach Nida fahren können.
Bestes Wetter für die Fahrt über das Kurische Haff nach Nida.Die Nehrung hat irgendwie etwas magisches. Die Farben sind irgendwie kräftiger.Blau, blau, blauer!!Der Geruch der Kiefern erinnert an das Mittelmeer.Genau aus diesem Grund hatte Thomas Mann hier sein Feriendomizil errichten lassen. Drei Sommer verbrachte er hier. Jetzt ist das Haus ein Museum und Café mit einem fantastischem Blick über das Haff.
Unser Rundgang führt uns am Thomas Mann Museum vorbei, weiter durch den Kiefernwald auf die Ostseeseite mit einem grandiosen Strand. Er ist so lang, dass hier jedermann sein passendes Plätzchen findet. Zurück durch den Kiefernwald über den einzigen Campingplatz der Nehrung und legalen Aufenthaltsort für Camper, entsprechend kuschelig ist es dort. Daher resultiert auch unsere Entscheidung lediglich einen Tagesausflug hier herüber zu machen. Von hier aus geht es weiter auf die große Wanderdüne, die einst ganze Dörfer überrollt hat, nach dem man die Wälder abgeholzt hatte. Schlechte Entscheidung. Nun hat man hier wieder Bäume angepflanzt und siehe da, die Düne wandert nicht mehr, oder zumindest nicht mehr so doll.😉
Ostseestrand mit netten Plätzchen vor in und hinter der Düne.Hier der Wanderhüne mit Blick auf die ….Füße😘Nach unserer Rundwanderung. Gleich gehts zurück aufs Schiff.
Jetzt müssen wir nur noch einen etwas kostengünstigeren Platz für die Nacht finden. Aber da gibt es Gott sei Dank auf der Haffseite genügend Parkplätze, die für eine Übernachtung in Frage kommen und Schwups
sogar mit direktem Blick aufs Wasser und schönstem Sonnenuntergang.
Morgens stehen mit uns noch weitere Camper an diesem wunderschönen Ort am Haff. Irgendwann rückt eine Surfschule mit einer ganzen Horde Jugendlicher an und packt ihr Zeug aus. Das ist für uns das Zeichen das Feld zu räumen und den Einheimischen Platz zu machen. Heute steuern wir Klaipeda an, die Hafenstadt an der Mündung des Nemunas in die Ostsee. Kreuzfahrtschiffe legen hier auf ihrer Runde über das baltische Meer ebenfalls gerne an. Auf dem Wege dahin geraten wir noch in eine Alkoholkontrolle. Natürlich hatte Bernd nichts getrunken. Warum gerade heute so streng kontrolliert wird verstehen wir erst später.
Ehemaliges norwegisches Segelschulschiff jetzt ein RestaurantImprotheater in Klaipeda
Auf dem Gang durch die Stadt fallen uns die zahlreichen Fahnen auf, die sogar die Polizeifahrzeuge zieren. Nach etwas Recherche kamen wir drauf, dass der 6.7. ein zweiter Nationalfeiertag ist. An diesem Tag 1253 wurde der litauische König Mindaugas gekrönt und Litauen als eigener Staat gegründet. Jetzt macht auch die Polizeikontrolle Sinn. Das hat allerdings auch für unsere weitere Planung einen gewissen Einfluss. Die Litauer sind sehr naturverbunden und verbringen ihre Freizeit gerne draußen, somit sind erfahrungsgemäß viele Plätze, die für eine freie Übernachtung geeignet sind, bereits belegt. Auf dem Weg Richtung Osten fahren wir entlang des wunderschönen mit vielen freien offiziellen Übernachtungscamps ausgestatteten Nationalpark Zemaitijos. Wie befürchtet, ist hier alles rappelvoll. Wir beschließen bis zum Berg der Kreuze weiter zu fahren und eventuell dort auf dem Parkplatz eine ruhige Übernachtungsstelle zu finden. Der Plan geht auf. Der Parkplatz ist fast leer und nur noch ein paar wenige Besucher gehen Richtung der Pilgerstätte. Die Besichtigung am Abend ist sogar sehr schön, da zum Einen nur noch wenige Besucher da sind und zum Anderen die Sonne die ganze Szenerie in ein stimmungsvolles Licht hüllt.
Es gibt sogar Menschen, deren Hobby es ist, die Kreuze zu zählen. 🤔
Der Berg der Kreuze ist auch ein Symbol des Widerstandes gegen die Unterdrückung der litauischen Bräuche durch die russischen Besatzer. Die ersten Kreuze wurden hier schon im 19. Jahrhundert aufgestellt.
Die Nacht auf dem Parkplatz ist ruhig. Am nächsten Morgen zahlen wir brav unsere 2,90 € Parkgebühren und machen uns weiter auf den Weg gen Osten. Nach ca. 150 km legen wir an einem Rast- und Zeltplatz für Wasserwanderer am Fluss Sventoji einen Stopp ein. Die Zufahrt ist etwas mühsamer, da es noch ca. 4 km über eine staubige Piste führt, aber die Mühe hat sich gelohnt. Dieser Ort ist ruhig und friedlich. Bis auf ein paar Reiter und einem Insektenforscher aus Finnland mit seinem Sohn gibt es hier kaum andere Gäste. Unser nächster Übernachtungsplatz ist gefunden.😊
Mit allem ausgestattet, was der Camper so benötigt. Toilette und ein überdachter Picknickplatz direkt am Wasser.Der Sventoji ist der mit 242 km der längste innerhalb Litauens verlaufende Fluss. Der Oberlauf ist zum Paddeln besonders abwechslungsreich, da er durch mehrere Seenplatten fließt.
Litauen erreichen wir über die kleinere Hauptstraße der Suwalki-Lücke Kalwiszki. Wir tauchen direkt ein in eine idyllische Seen- und Waldlandschaft. An den Nemunasschleifen liegen Burgen und prunkvolle Herrenhäuser aus längst vergangenen Zeiten. Ein schöner Einstieg in die Reise durch Litauen. An einem der ersten Seengebiete lassen wir uns für die erste Nacht nieder. Das Freistehen ist in Litauen auf Parkplätzen außerhalb von Ortschaften und Naturreservaten kein Problem. Unser erster Platz hat sogar einen kleinen Badestrand, der von den Einheimischen auch rege für ein Bad nach Feierabend genutzt wird. Das Wasser ist herrlich klar und erfrischend, was ich natürlich am nächsten Morgen direkt getestet habe.
Abends war es mir zu frisch für ein Bad.
Die Nacht war bis auf die permanenten Waldohreulenrufe sehr ruhig. Voller Tatendrang geht es weiter bis nach Vilnius, der Hauptstadt von Litauen. Zwischendurch legen wir noch eine kleine Kaffeepause an einer der Nemunasschleifen ein. Hier ist es etwas hügelig, so dass es immer wieder schöne Ausblicke auf den Fluss gibt.
Der Nemunas mäandriert fast ungestört durch die Landschaft. Wegen seiner Untiefen gibt es hier auch kaum Schifffahrt.Auf dem Burgberg über der Altstadt von Vilius.
In Vilnius haben wir direkt einen guten Übernachtungsplatz nahe der Altstadt gefunden, so dass wir gegen Abend direkt unsere erste Altstadterkundung starten konnten. Es endete wie so häufig mit dem ein oder anderem leckeren Getränk und auch der knurrende Magen konnte befriedigt werden.
Auch schön zum Verweilen der Marktplatz mit dem Posaunenengel im Künstlerviertel UzupisAuf dem Rathausplatz erst einmal ein leckeres regionales Getränk.Das gotische Ensemble der Anna- (links) und Bernhardiner-Kirche (rechts). St.-Stanislaus-Kathedrale und der Glockenturm
Am nächsten Morgen geht es weiter in die Neustadt. Neben dem Turm der Kathedrale finden wir noch eine interessante Bodenplatte mit der Aufschrift Stebuklas (Wunder). Sie erinnert daran, dass ab hier die 600 km lange Menschenkette durch das gesamte Baltikum begann, mit der Litauer, Letten und Esten 1989 erfolgreich für die Unabhängigkeit demonstrierten. (Dumont Reise Führer Baltikum 2019)
Daraufstellen und sich dreimal im Kreis drehen, soll Wunder bewirken. 😉
Weiter geht es entlang einer kilometerlangen fast autofreien Lindenallee in die Neustadt. Hier könnte man nach Lust und Laune shoppen gehen. Unser Ziel ist allerdings das Genozid-Museum, wo erst die Gestapo und dann der KGB einzog. Die Grausamkeiten werde ich hier nicht darstellen. Wir fanden die Ausstellung zum litauischen Widerstand über die Partisanen besonders aufschlussreich, da uns dieses bisher wenig präsent war.
Kilometerlange Lindenallee in Vilnius Neustadt
Da wir heute noch Richtung Trakai dem Wahrzeichen Litauens weiterwollen, gönnen wir uns noch eine kleine Stärkung.
Pizza als Meterware🙈aber superlecker 😋.
Die Strecke von Vilnius nach Trakai ist in einer halben Stunde geschafft. Die Wasserburg liegt malerisch wie im Reiseführer beschrieben. Der Touristenstrom ebbt gegen Abend deutlich ab, so dass wir kein Problem haben, für unseren Ranger einen geeigneten Platz zu finden. Heute Nacht logieren wir ausnahmsweise einmal auf einem bewachten privaten Stellplatz. Der Besitzer ist sehr freundlich und spricht sogar ein paar Brocken Deutsch. Ver- und Entsorgung inklusive. Das ist in Litauen nicht selbstverständlich. Mit uns übernachten nur noch drei weitere Wohnmobile, was uns für diesen doch sehr touristischen Ort sehr überrascht hat, zudem hier am nächsten Tag ein Triathlon stattfinden soll. Neben den historischen Sehenswürdigkeiten gibt es in Trakai (übersetzt Stadt auf dem Wasser) alles mögliche rund um den Wassersport zu sehen und zu erleben. Da bin ich natürlich sofort ein Fan.
Die Wasserburg Symbol der erfolgreichen Kämpfe gegen die Kreuzritter.Im Abendlicht noch romantischer.Sonntagmorgen stand alles im Zeichen des Sports außer…für diese puscheligen Gesellen. Erst mal eine Runde pennen. Triathlon viiiiel zu anstrengend.
Auf dem Gang durch die Altstadt von Trakai finde ich sogar ein fest installiertes Kanupolofeld. Die schönen landestypische alten bunten Holzhäuser sollen natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Hier ist die Farbe des Postamtes blau.
Während sich die Athleten des Triathlons noch bis zum Ziel kämpfen, satteln wir auf und fahren in einem Rutsch bis ins Nemunasdelta.